Manche Reiter wechseln ihre Reitweise wie Unterhosen, je nach Stimmung und je nach Kompetenz wird das mal schneller, mal langsamer getan.
So wie unser Lieschen hier. Lieschen hat sich ein Pferd gekauft. Lieschen ist nicht ganz doof, die weiß, dass ein gesundes, liebes Pferd seinen Preis hat und hat sich eine zehnjährige Holsteiner Stute mit einem kleinen Schönheitsfehler gekauft, der das Tier aber nicht beeinträchtigt.

Lieschen schaut sich die Dressurreiter beim CHIO in Aachen an. Wie wunderschön, das möchte sie auch, gleich wird morgen die erste Dressurstunde gebucht.
Am nächsten Tag macht Lieschen auch eifrig mit und fragt den Reitlehrer großspurig, welche Dressur sie denn schon mal nennen soll? M? Oder gleich S. Der Reitlehrer klärt auf – Reiterwettbewerb. Und erst mal das Reitabzeichen machen.

Lieschen ist desillusioniert und fragt im Internet um Rat – und erntet natürlich verständnisvolle Worte, denn der böse Reitlehrer will ihr ja doch nur Geld aus der Tasche ziehen. Und als ihr dann noch jemand mitteilt, dass Lieschens Stute eine Springabstammung hat, wird prompt der frisch angekarrte Dressursattel verkauft und ein Springsattel muss her.
Am nächsten Tag geht es auch schon in die Springstunde, aber hier gibt es keinen Blumentopf zu gewinnen, denn irgendwie will die Stute nicht so richtig. Wenn die aber nicht gleich zu Beginn Häuser springt, dann kann man das ja auch lassen, findet Lieschen, verkauft den Springsattel gleich wieder und schult jetzt auf Western um.

Ist ja auch viel pferdefreundlicher – sagen die Westernleute. Aber nach zwei oder drei unschönen Videos von Zweijährigen wird der Westernhut schon an den Nagel gehängt. Alles Tierquälerei und irgendwie ist das dann auch nicht das Erhoffte.

Dafür gibt es aber tolle Bodenarbeitskurse bei Parelli-Instruktoren. Bodenarbeit ist ja super gesund. Da wird geschwind ein tolles Bodenarbeitsset angeschafft und Lieschen tingelt zwei Tage mit ihrem Pferd über den Platz. Dann wird das aber auch wieder doof, denn Lieschen möchte ja schon irgendwie reiten. Aber nicht so wie zuletzt.

Sie meldet sich also gleich wieder in der Reitstunde an und macht jetzt eine ganze Woche schon Dressur. Nur leider sagt das Internet, nachdem sie ihre Turnierteilnahme verkündet, dass Dressurreiter ja alle Rollkur reiten. Hm … Kommando zurück, das Turnier gestrichen, Lieschen reitet nämlich jetzt gebisslos, barhuf und baumlos. Das ist viel pferdeschonender. Bis ihr die Stute im Gelände einmal durchgeht.

Lieschen schwört Stein und Bein, dass das an der schlechten Gebissloszäumung liegt und meldet sich in einer anderen Reitschule an, wo man auch Dressur reitet, aber anders. Außerdem hat sie sich jetzt Bücher zur akademischen Reitkunst gekauft. Die passen auch zu ihrer Schibbi-Schabbi – von der Farbe her.
Da bleibt sie sogar ganze zwei Wochen, aber dann werden ihr die ganzen Wiederholungen zu langweilig. Und am Pferd sieht man auch noch nichts. Das macht auch irgendwie gar nichts toller als vorher.

Melden wir uns noch mal beim Springen an. Vielleicht muss man das auch mal zwei Wochen am Stück machen? Und wenn nicht … dann ist der Gaul untalentiert und man braucht schnell einen neuen. So lautet Lieschens Credo.
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann wechselt sie noch heute dreimal täglich die Reitweisen.