Während „ihr“ wahrscheinlich größtenteils genau ein Event seht, nämlich das CHIO, ist in Hamburg gerade Derbymeeting, das heute vom Derby gekrönt wird. Sofern nicht die Sintflut zugeschlagen hat und das Geläuf abgesoffen ist. Traditionell am ersten Juliwochenende öffnen sich gegen 17 Uhr die Boxen zum wichtigsten deutschen Rennen für die Dreijährigen.
Wir können also froh sein, dass Lord Derby damals federführend die Finger im Pferderennsport hatte und nicht Lord Sandwich, sonst wäre es jetzt das Sandwichrennen für Dreijährige.
Tja, was macht das Derby so besonders? Es ist hoch dotiert … hm … ja. Relativ. Für deutsche Verhältnisse hoch. Früher war das mal besser. Ach, was sag ich, die meisten Dinge waren im Rennsport früher besser. Jedenfalls wenn es um Dotierungen geht und wenn man dem Galopperforum Glauben schenken darf.

Das ist es also nicht? Was ist es dann? Seine Geschichte. Das Derby hat jedes Land das Rennsport betreibt, nur die Frenchies natürlich wieder nicht, die sagen ja auch l’ordinateur, statt Computer, so wie alle anderen Kinder. Die Amis haben mir auch ein bisschen zu viele Derbys, aber die sind eh außen vor.
Es ist egal, ob es in manchen Ländern zum Listenrennen verkümmert ist, oder Gruppe I Status hat – den Derbysieger zu stellen, ist der Traum jedes Besitzers. Schaut man sich nur mal die Namen der Sieger an, dann ist das ein Who is Who der Unsterblichen – und der Glücklichen. Denn manche Pferde haben eben Glück. Es ist der eine Tag, an dem sie über sich hinauswachsen (oder alle spontan schlecht werden) und sie können glänzen. Die Klasse zeigt sich erst nach dem Derby. Beim Derby selbst, da zeigt sich nur das Glück. Manchmal ist das Glück mit den Kleinen, den Tüchtigen und manche haben das für sich gepachtet.

Außerdem müssen wir ehrlich sein – Hamburg ist so ziemlich die unfairste Derbybahn, die man sich vorstellen kann. Von gutem Geläuf ist das Ding am Ende des Meetings jedenfalls meilenweit entfernt. Es ist mir eh schon immer ein Rätsel gewesen, warum man das Hauptrennen an den Schluss setzt, dann wenn man die Pferde echt nur noch mit beiden Augen zudrücken, über die Bahn heizen kann. Das ist nicht nur in Hamburg so, fällt aber vor allem in Hamburg auf, denn das Horner Moor hält halt auch, was es verspricht. Was hab ich da gestern gelesen? Und am achten Tag erschuf Gott in seinem Zorn, die Derbybahn von Hamburg Horn. Was haben wir diesem Turftgott nur getan?

Und heute? Heute ist Schlammschlacht angesagt. Und ich revidiere meinen Tipp, denn mit Nimrod möchte ich an einem solchen Tag nicht gehen. Sondern mit Savoir Vivre. Der ist Schlenderhaner (auch wenn er in den Ullmann Farben läuft) der hat ein Matsch-Pedigree.
Das ist sowieso jedes Jahr mein innerer Konflikt. Nizza vs. Schlenderhan.

Ihr merkt, der Post ist heute so gar nicht lustig, oder? Das war er letztes Jahr auch nicht. Warum? Weil ich morgens aus meiner Derbytasse trinke. Die ist ein Geschenk. Von jemandem, mit dem ich wochenlang vor dem Derby im permanenten Spaßstreit lag, wer denn nun unser erwählter Favorit ist. Meist konnten wir uns nicht einigen und haben uns darauf beschränkt, dem anderen den letzten Platz zu wünschen.
Diese Person ist nicht mehr da. Das ist jetzt das zweite Derby ohne Silvia und das fehlt mir wirklich sehr.

Ich wäre streng genommen nicht mal ohne sie hier, denn ich habe mich immer gegen Facebook gewehrt. Silvia hat sich aber festgezeckt, mir gesagt, ich müsse mich unbedingt bei Facebook anmelden, denn die Infos zum Rennsport sind schon ein nettes Gimmick – geht halt schneller sich da mal eben auszutauschen, als auf irgendwelche offiziellen Infos zu hoffen, die eh zu spät eintrudeln. Gerade wenn etwas „live“ passiert, Disqualifizierung, Sturz, whatever.

Ende vom Lied: Ich habe nachgegeben. Jetzt bin ich hier. Und sie nicht. Das ist schon ein bisschen unfair. Hast du das gehört, Weib? Unfair!

Foto: Geklaut von Morwen.