Reiter würden sich gerne definieren. Also so richtig. Ich bin Springreiter, ich bin Dressurreiter, ich bin Pleasurereiter, usw. Sie möchten aber auch andere Reiter definieren. Sie möchten erkennen: Da ist ein Dressursattel drauf, das Pferd ist nicht bunt – es muss ein Dressurpferd sein. Sobald irgendetwas davon abweicht, da sind sie verwirrt.
Ich selbst zum Beispiel besitze viel zu viel Equip. Mich zu definieren, anhand von dem, was mein Pferd gerade trägt, ist nicht nur falsch, es ist auch noch doof. Nur weil ich mit Fellsattel und gebisslos durch die Pampa gondle, bin ich ja auch keine Ökoreiterin, die vegan das Pferd bependelt und nie den Tierarzt holt.
Nur weil es plötzlich passende Bandagen zur Schibbi-Schabbi unter dem Dressursattel trägt, ist es auch nicht automatisch ein Dressurpferd und ich ein Dressurreiter. Wenn das doch so wäre, wäre das schon irgendwie cool. Total praktisch, einfach den richtigen Sattel drauf und schon piaffieren wir demnächst in Aachen.
Auch ich benötige einer Definition. Also ich als Arschlochpferd – nicht als Reiter. Ich bin wahlweise Blogger, Informationsseite oder … Igitt! Influencer. Wem ist denn der Schrott eingefallen? Also ja … ich habe einen Blog. Macht mich das zum Blogger? Weiß ich nicht. Für mich sind das immer ein bisschen die Werbepfeifen, die irgendwelches Zeugs präsentieren. Informieren will ich meistens auch nicht. Was bin ich denn dann? Und wehe, mir kommt noch mal jemand mit Informationsseite, den hau ich aber. Ich habe nicht den Anspruch zu informieren. Und “influencen” will ich auch niemanden. Wer hat sich dieses Scheißwort eigentlich ausgedacht? Das ist doch auch nur so ne Y-Promi-Kacke. “Ich bin Influencer …. laaadidaaaa”.
Aber: Man kann die stigmatisierung nicht abstellen. Wenn mir jemand mit Spooks-Westchen entgegen kommt, identifiziere ich den auch automatisch als “Englisch” Reiter. Genau aus dem Grund wird der Kram ja meistens auch getragen. Man möchte dazugehören, man möchte bewertet und wahrgenommen werden. So ist es ja auch bei den Helmen.
Bis ich dann mit meinem quietschbunten Flickenteppich von Helm ankomme. Da sind sie kurz verwirrt. Okay … ja … Jockey. Müßig zu erklären, dass ich nie einer war und nie einer werde. Dafür braucht man schließlich diverse Siege. Hab ich nicht. Krieg ich nicht, brauch ich auch nicht. Ich verneine trotzdem immer, wenn mich jemand fragt: Bist du Jockey. Das lass ich bei meiner Oma vielleicht noch durchgehen, aber die ist auch dement. Bei anderen Reitern sage ich: Nein. Die würden ja auch jammern, wenn ich ihr Equipment faslch deute und sage: Ah, du bist also Springreiter.
Wieso möchten wir so gerne die Schubladen bedienen? Ich verstehe das eigentlich gar nicht. Ich bin ich. Ich reite, wie ich reite. Wieso möchte jemand das immer definieren? Es sind doch sowieso alles Reiter – bis auf die Fahrer – und selbst die sind für mich grob: Reitersleut. Haben was mit Pferden zu tun.
Ohne die ganzen Definitionen wären manche Dinge auch viel einfacher. Kommunikation – Verständnis – usw.
Trotzdem mögen Reiter die Schubladen total gern. Wer gebisslos reitet, ist Freizeitreiter. Dass auch Rennpferde gebisslos starten und deren Reiter so was von entfernt sind vom Freizeitreiten … ne … das ist irgendwie suspekt.
Wer einen Westernsattel drauf hat ist auch Westernreiter. Dass er nur keinen passenden Dressursattel für seinen 20 Jahre alten Opi gefunden hat, macht automatisch ein Westernpferd aus dem ehemaligen Dressurkracher. Dabei war der nur nett fürs Rentnerschaukeln.
Und noch viel schlimmer: Manche meinen, nur weil bei ihnen die Schubladen geklappert haben, ist das auch so. Ah … ich will auf Western umsteigen. Ja, dann muss ein Westernsattel her und ein Hut. Schwupps – fertig. In die andere Richtung passiert das eher selten – denn Westernreiten ist in Deutschland deutlich jünger und damit trendiger, weil “neu”.
Also denkt dran, wenn ihr mal ein Galopprennen gewinnen wollt – kauft den lustig bunten Helm. Damit ist man Jockey. Und das Pferd Rennpferd. Wir sehen uns dann im Derby.
Foto: Hunde erschrecken macht Spaß!