Pferde sind doch angeblich so sensibel und spüren jede Stimmungsschwankung. Sie spiegeln den Reiter und kümmern und bemuttern sich … haha, denkste. Erzählen uns die Ostwindreiter aber gerne. Nicht nur auf uns bezogen sind sie absolut ignorant in manchen Situationen, auch auf ihre Artgenossen und in ihrem Verhalten. Vielleicht ist es manchmal auch einfach entspannter so wenig Hirn im Gegensatz zur Körpermasse zu haben und ein bisschen doof zu sein. Wer weiß das schon?
Da gab es zum Beispiel die Schimmeline. Die Schimmeline hat früher bei uns im Stall gewohnt und war Mozarts Herzensdame.
Als die Schimmeline nun aber umzog, war Mozart gerade auf der Weide und er sah zu, wie sie verladen wurde. Er schrie also herzzerreißend und er tat mir wirklich wirklich leid. Sein Mädel war jetzt weg. Ich überlegte also, wie ich das jetzt kompensieren könnte, überlegte hin und her, denn ich sah ja mein aufgeregt rennendes Pferd, dem seine Lady fehlte.
Ungefähr fünf Minuten lang. Anschließend gab es Futter und er zog in die Box der Schimmeline um … und vergaß sie auf der Stelle. Kein suchender Blick, kein Interesse, kein gar nichts. Frei nach dem Motto: Was weg ist, ist weg. Wie ein Kind macht er bemerkenswert schnell seinen Frieden mit dem Ist-Zustand. Eigentlich logisch, das Pferd lebt im jetzt – unlogisch aber, wenn man „normaleres“ Pferdeverhalten beleuchtet.
Als sein Kumpel gestorben ist, nahm er ab und war einige Tage traurig. Und er guckte auch immer mal, wo er denn hin ist. Da hatte ich dann wiederum nicht mit gerechnet und keinen Plan B ausgeheckt um das Pferd aufzumuntern. Und scheinbar lebte er doch nicht ausschließlich im Jetzt. Denn er konnte sich ja sehr gut daran erinnern, wo der Opi sonst immer war.
Als dann die andere Stute starb, dachte ich wieder über Plan B nach … war dann aber doch wieder scheißegal. Ist weg, hab ich verstanden. Was gibt’s zu essen?
Auch ist er zu arrogant seinem Ponykumpel mal zuzuwiehern, wenn der nach ihm ruft, weil sie räumlich voneinander getrennt sind und Pony ihn nicht sehen kann. Nö, da wird weitergebüffelt. Nimmt jemand das Pony weg ist aber Theater. Ruft das Pony, wenn ich nach einer Geländerunde wiederkomme, stellt er die Ohren auf Durchzug.
Aber nicht nur mit den Artgenossen ist das so ein Thema. Auch mit uns Reitern. Ich habe eine Katze. Und ich bin wohl etwas verwöhnt, weil ich es auch schon anders kennengelernt habe (auch öfters von Katzen) aber ich kenne ebenso Pferde, die merken, wenn es einem schlecht geht.
Schließlich habe ich doch meine schwangere Reitlehrerin mit ihrer trächtigen Stute liebevoll zusammen herumkugeln sehen und dachte: Ach, was sind das für sensible Tiere, die spüren das alles.
Leider gibt es die Ausführung „sensibel“ und „Klops“ beim Pferd. Und den Schüttelreim, der beides sein kann.
So ein Todesstern interessiert sich halt einen Scheißdreck dafür, dass du dich mit Magen-Darm-Grippe in den Stall gequält hast, nur weil du sie sehen wolltest. Nix mit Kopf in den Schoß legen und Aui pusten. Die springt einem eher in die Hacken und fragt: „Was willst du denn hier, du Lauch?“
Meiner ist mehr so Schüttelreim. Er reagiert zum Beispiel gepflegt sensibel auf Stress bei mir. Auf Traurigkeit oder Krankeheit eher so 0. Da kriegt man noch ne Kopfnuss und das Pferd beschwert sich nonverbal, dass IHM jetzt der Schädel wehtut. Allerdings auch nicht immer zuverlässig. Wahrscheinlich unterscheidet er in: „Wirklich doll krank“ und: „Hat Männergrippe als Frau.“ Oder: „Stell dich nicht so an, was gibt’s zu heulen?“ und: „Okay, darüber wäre ich jetzt auch traurig.“
Dafür kann er mir aber toll signalisieren, wenn ich eigentlich keine Lust habe, aber trotzdem jetzt was machen will. Dann ist er plötzlich der weltlangsamste Galopper, der Longierkreis wird immer enger und irgendwann steht er neben mir und guckt in die Wolken. Nach dem Motto: Komm, mach mit, wir glotzen jetzt einfach ein bisschen.
Machen wir dann auch.
Foto: Genau das. Du willst doch nicht wirklich was machen, Frauchen?