Wir haben ein paar Regeln. Die sind eventuell jetzt völlig anders, als die, die unser Reitlehrer uns mal beigebracht hat und viel haben die auch nicht mit der Skala der Ausbildung zu tun, oder irgendeiner Reitweise, die wir mal gelernt haben. Nein, wir müssen nämlich auch eins: Überleben. Und das ist gar nicht immer so einfach. Nicht nur, weil ein Pferd ein sehr schweres Geschöpf ist, dass uns einfach plattwalzen kann. Sondern auch, weil wir Mitreiter haben, die manchmal für Action sorgen, auf die wir gerne verzichtet hätten.
1. Wer hungrig ist, isst was vom Pferd.
Keine Zeit gehabt, noch was zu essen vor dem Stallbesuch? Kein Problem. Möhren werden dann sehr attraktiv. Alternativ waren wir außerdem so klug, uns kleine, kaum verderbliche, Snacks ins Spind zu legen.
2. Wenn man hinter der Hallenbande nur Geschimpfe und Peitschengeknalle hört, dann reitet man definitiv auf dem Platz oder dreht eine Runde im Gelände.
3. Regenjacken haben wir in allen Formen und Farben. Wir ziehen die nur nicht an. Aus Gründen. Aber wir haben sie. Damit wir uns nicht erkälten.
4. Wir posten keine Reitvideos. Und wenn doch, dann nur welche, bei denen was schiefgegangen ist. Schließlich sind wir ja nicht behämmert.
5. Wir überlegen uns zehn Mal, ob wir ein Bild posten und überprüfen es auf Ecken und Kanten, die irgendwelche anderen Reiter dazu bringen können zu schreien: “Tierquälerei!” – oder: “Grob fahrlässig!”
6. Dem Reitlehrer widersprechen, ist sehr sehr dumm. Denn es endet meist mit ohne Bügeln und so Sachen wie: “Jetzt sitzen wir alle mal aus.” Nur weil wir der Meinung waren, es gäbe an dem Kommando: “Handwechsel” irgendetwas zu diskutieren.
7. Wir freunden uns nicht mit allen Leuten im Stall an. Bringt sowieso nichts. Ein Teil ist nie da, der nächste ist bescheuert, der übernächste esoterisch und der letzte Rest, der bleibt – mit dem kann man sich eventuell mal anfreunden.
8. Wir ignorieren unsere Auis. In den Finger geschnitten beim Möhren schneiden? Mit der Mistgabel selbst gepierct? Egal, erst Pferd versorgen und dann leise im Auto heulen.
9. Wir warten auf jeden Fall bis zur letzten Minute mit aufräumen, falls uns jemand abholt. Stallzeit ist schließlich kostbar und muss so lange wie nötig herausgezögert werden.
10. Es wird gelacht, wenn Pferd und Reiter wieder stehen und keine offensichtlich falsch abstehenden Gliedmaßen vorhanden sind. Wichtige Regel. Dafür dann aber sehr laut, sehr schrill und gerne auch unter Tränen. Falls ein Video davon gemacht wurde: rumzeigen.
11. Dinge die mit “Kannst du mal kurz …” anfangen, grundsätzlich immer und unter allen Umständen ablehnen.
12. Großzügige Angebote sollten hinterfragt werden. Wieso bietet die da jetzt einem an, ihr Pferd zu reiten? Das kann doch nur 2 Jahre gestanden haben und sie braucht einen Deppen, der sich beim ersten Mal langlegt.
13. Die Hallenbande mag zwar manchmal wie das Fundbüro aussehen, sie ist es aber nicht. Darum sollten wir nicht einfach ungefragt dort etwas wegnehmen, oder es uns ausborgen. Sonst gibt es spontane Inquisition und Kreuzigung im Stall.
14. Wir lernen ausufernden Schmuck zuhause zu lassen. Primär dann, wenn sich Schweifhaare oder Mähnenhaare darin verfangen. Auf die harte Tour übrigens …
15. Wir überhören manche Dinge geflissentlich. Ansonsten müssen wir nämlich ständig irgendwelche Leute zusammenfalten, die sich schon wieder über Rasse, Ausbildungsstand, oder Farbe unseres Pferdes beschweren. Haben die nichts zu tun?
Foto: „Bleib mal kurz stehen, Mozart“ – „Jaja!“ – „Jaja heißt: Leck mich am Arsch.“ – „Jaja!“