Ich kenne gar keine Bahnregeln mehr. Natürlich habe ich die mal gelernt, aber ich könnte jetzt nicht einmal mehr die Hand benennen, auf der ich ausweichen müsste. Außerdem habe ich ja die berühmte Rechts/Links-Schwäche, die mir sogar im Führring schon peinliche Momente beschert hat – es gibt schließlich nur eine Regel: Immer den anderen nach und Abstand wahren. Ist keiner im Führring gehe ich so herum rein, wie ich glaube, mich zu erinnern. Meistens falsch. Dafür wird man angezischt.
Und auf der Rennbahn zeigt ein Schild an, an welchen Tagen es andersherum geht. Mittwochs und Samstags war es bei uns. Was Mittwoche und Samstage schon zu viel blöderen Tagen macht, weil NIEMAND anders herum gehen will …
Manchmal gucke ich dann „echten“ Reitern zu und lasse das auffrischen. Bin leider nur nachher nie klüger als vorher.
Man sagt immerhin noch „Tür frei, bitte“. Das ist ja schon mal etwas, das kann ich. Auf der Rennbahn wird nämlich nur gepfiffen. Oder laut vor der Hallentür gesprochen, kann sich also jeder ausmalen, dass jemand rein möchte.
Ich beobachte vom Stübchen aus also eine leicht belebte Halle. Ein Pferd wird longiert, eine Dame hat Unterricht, eine reitet so vor sich hin. Eine neue Dame mit Pony kommt heran.
Fragt wahrscheinlich nach der freien Tür und geht hinein. Ich erinnere mich vage daran, dass man in der Mitte des Zirkels aufsteigt. Tut sie nicht.
Das longierte Pferd sprintet kurz los und mäht mal eben die Reitlehrerin fast um, die auf dem Zirkel steht. Die duckt sich aber nur gekonnt weg. Scheint normal zu sein.
Ich beobachte und beobachte und vergesse auch fast das Essen. Spannend hier. Klischees werden auch bedient, denn eine Dame setzt voll auf Ton-in-Ton von Eskiii natürlich.
Ich beobachte weiter, mache mir im Kopf eifrig Notizen und komme auf folgende Bahnregeln:
1. Man ruft „Tür frei bitte, wenn man die Halle betritt oder verlässt“.
2. Man steigt da auf, wo das Pferd nach viel Gezerre stehenbleibt.
3. Pferde an der Longe haben immer Vorfahrt – wenn man diese verletzt, dann gibt es coole Stunteinlagen.
4. Das Pferd mit der schönsten Schibbi-Schabbi hat Vorfahrt.
5. Alles, was schwarz ist und damit automatisch der nächste Totilas ist, hat auch Vorfahrt (komibiniert man 4 und 5 könnte man auch mit einem Panzer in der Halle fahren, niemand ist so blöd und stellt sich einem entgegen)
6. Man ruft „Hufschlag frei“ und hat den dann auch mindestens eine halbe Stunde für sich, wo man ständig und immer wieder Schulterherein üben muss. Wer sich nicht dran hält, wird erschossen.
7. Punkt vor Strichrechnung – Wer ganze Bahn reitet hat es ja sowieso viel leichter und kann ausweichen.
8. Stangen dienen als Pendant zum Claim abstecken. Wer die Stange hinlegt, dem gehört auch dieser Teil der Halle. Wer das Territorium verletzt wird erschossen.
9. Schritt wird auf dem ersten Hufschlag geritten. Ist so anstrengend das Pferd immer wieder von der Bande wegzudirigieren.
10. Handwechsel gibt der lauteste Reiter an. Aber nur, wenn er eine hübsche Schibbi-Schabbi hat.
Foto: Garantiert wieder auf der falschen Hand in den Führring.