Reiter im Gelände müssen eigentlich einen eigenen Knigge haben, denn es gibt ja Dinge, die zum guten Ton gehören. Kennt man ja: Handzeichen zum durchparieren, Reiter grüßen, nicht überholen, so was halt. Meine Beobachtungen unterscheiden sich allerdings gehörig von dem, was ich mal so gelernt habe. Daher muss ich wohl einen neuen Knigge aufleben lassen, so wie ich ihn ständig vorgelebt bekomme von fremden Reitern im Gelände. Falls ihr das lest: Halali, ihr Arschgeigen. Ich hab eh das schnellere Pferd!
1) Reiter sind nicht zu grüßen. Ein huldvolles Nicken (falls überhaupt), gerade hinsetzen und das Pferd am liebsten schön anpacken, damit es Kragen macht. Die anderen sollen nämlich sehen, was ihr da habt.
2) Reiter aus der Ferne kann man getrost ignorieren oder sich anschleichen, indem man durch Felder kraucht. Die hüpfen dann so lustig.
3) Reitwege sind Rennwege und die kann man nur im Galopp nehmen. Egal wie viel Schotter draufliegt, oder wie viele werdende Mütter dabei umgeritten werden.
4) Andere Pferde zu überholen bringt jede Menge Spaß in der Gruppe. Dann können alle mal so richtig knattern lassen.
5) Reitbegleithunde heißen deswegen so, weil sie den Reiter begleiten, nicht weil die irgendeine Erziehung genossen haben müssen. So ist es absolut in Ordnung, wenn die über Waldwege rennen, an anderen Pferden hochspringen, oder Wanderer verbellen.
6) Felder sind auch nur Reitwege.
7) Rapsfelder sind free for all und dürfen beritten und fotografiert werden.
8) Immer schön über Autofahrer schimpfen, während das garantiert nicht straßensichere Pferd über den Asphalt tänzelt, nur weil ganz da hinten ein LKW langfährt.
9) Auch im Gelände muss eine gute Figur gemacht werden, daher passen Schibbi-Schabbi und Poloshirt beim Stoppelfeldrennen natürlich zusammen. Der Helm nicht – der ist ja nicht da.
10) Zügel annehmen ist was für Weicheier, wir sind hier im Gelände. Wofür brauchen wir da hin und wieder Kontrolle?
11) Hinter fremden Reitern angaloppiert kommen, ist ein absolut ausreichender Gruß. Sollen die halt Platz machen, die hören doch, dass man schneller ist.
12) Hinterlassenschaften des Pferdes am besten noch platttrampeln und garantiert niemals wiederkommen – das freut die Nachbarn. Die winken dann den nächsten Reitern, die vorbeikommen, mit der Faust.
13) Das langsamste Pferd muss vorne galoppieren. Wie sollen die anderen sonst auf dem Feld einen Bogen machen und überholen?
14) Hindernisse heißen deswegen so, weil sie behindern: Davor herumstehen, obwohl es eine ausgewiesene Geländestrecke ist, ist absolut in Ordnung.
15) Man kann auch mal auf Privatgelände reiten, wenn der Weg so schön ist. Das Schild kann man ignorieren. Falls man erwischt wird, einfach behaupten, man könne nicht lesen. Niemand disst Analphabeten, merkt euch das.
16) Bauern, die wütend darüber sind, dass man ihre Saat plattreitet, kann man ruhig eine falsche Adresse geben, damit sie die Rechnung dorthin schicken. Zum Glück muss man denen ja keinen Perso zeigen.
17) Im Gelände gibt es keine Vorfahrtsregeln – die eigene Wichtigkeit entscheidet allein über die Vorfahrt. Und der Platz. Feld zählt als Platz.
18) Kutschen haben gefälligst auszuweichen. Wohin? Na, mir doch egal! Was tun die überhaupt im Wald?
19) An Bundesstraßen darf angehalten werden. Muss aber nicht. Blöde Autofahrer, sollen die doch mal ihre Bremsen benutzen.
20) Halsringreiten ist absolut unbedenklich und kann überall praktiziert werden. Gerne an Feiertagen auf schönen Galoppstrecken, die garantiert nicht als Reitwege ausgeschrieben sind.
Foto: Ich üb schon mal für die 20)