Wir alle kennen die Wendy, haben sie aber, je nachdem, wann wir das Reiten angefangen habe, nie gelesen. Ich selbst bin mit der Wendy aufgewachsen und hatte auch eine Menge davon zu Hause (wahrscheinlich hab ich die immer noch, irgendwo auf dem Dachboden). An die Extras in der Zeitschrift kann ich persönlich mich gar nicht so gut erinnern, sie waren recht nichtssagend, ein Pferdchenanhänger hier, ein Hufkratzer da, na, eben das, was man als Pferdemädel so braucht.

Die Reportagen waren oftmals kritisch und haben auch Tierquälerei irgendwo auf der Welt thematisiert, jedenfalls kann ich mich gut daran erinnern, zum Beispiel vom Robbentöten zuerst in der Wendy gelesen zu haben. War auch ganz erschrocken.

So eine Wendy war ja recht simpel aufgebaut. Comic, Leserbriefe, Reportage, Poster und Kurzgeschichte. Und gerade bei den Kurzgeschichten haben die ja nicht gefackelt, da war dann auch mal das kleine Kinderherz total verstört, wenn das liebe, nette Pferd, das so treu zu Frauchen hält knallhart abnippeln musste. Erinnert sich jemand noch an „Das Wolkenpferd?“ Das Voltipferd, das an Hufrehe gestorben ist? Blaue Seiten, Knabstrupper. Im Gegensatz zu den Comics, wo es nur heile Welt gab und Wendy am Ende die Tollste war, waren die Kurzgeschichten teilweise echt deprimierend.

In den Comics gab es eigentlich immer etwas zu lernen, weil natürlich ein Problem auftrat. Ungefähr so sah das dann aus: Wendy bekommt ein neues Pferd in den Stall, Vanessa ist doof, Bianca nur dafür da, damit sie jemanden zum ausreiten hat, Dixie wird illegal von Leuten angegrabbelt und beißt, Wendy kommt auf eine tolle Idee, weil Keks, sie geht mit ihrem Freund aus, probiert dann was Neues mit dem Pferd und schwupps, da gehts. Ach, ja und Penny hat noch eine Schlöppe auf ’nem Turnier ergattert. Ungefähr so läuft jedes Wendyabenteuer, außer in besonderen Editionen der Timeline, wenn das Gestüt zum 100sten Mal abbrennt, oder irgendein Charakter eingeführt wird, der auch weiterhin vorkommt. Das war’s dann auch schon.
Aber als Kind fand man das natürlich toll, die Comics haben Unterhalten, ich weiß immer noch, was man laut Wendy tun soll, wenn ein Pferd webt und den Hufkratzer hab ich sicher auch noch irgendwo.

Und was ist daraus geworden? Schminke und Glitzerzeugs, soweit das Auge blickt. Plötzlich ist die Wendy auch extrem pink und in den Comics geht es viel ums Ausgehen, oder darum, wie man besonders glänzen kann. Es geht in den Reportagen darum, wie man am besten im Stall gestyled ist – ein Thema was die „alte“ Wendy einfach nie hatte. Ist ein bisschen, als hätte die Bravo Girl eine lesbische Beziehung mit der guten alten Wendy begonnen, die hatte dann aber eine Affäre mit der Vogue und heraus kam dann das.

Rein zeichentechnisch ist auch viel Veränderung zu verzeichnen. Wahrscheinlich mag ich den neuen Stil nicht, weil ich die alte Wendy noch mit Locken kenne, die sah immer aus, als wäre die aus einem 80er Musikvideo entlaufen, aber immerhin: die war noch gemalt.

Und was ist eigentlich aus Schalke geworden? Also klar, Schalke ist natürlich auch irgendwann mal tot – aber ich war es eigentlich gewohnt, den immer noch zu sehen. Jetzt prangt darauf nur noch eine grottig gezeichnete Turniertante (immerhin: Die trägt kein hippes Jackett in Trendfarben) mit einem muffig guckenden Pferd, das aussieht, als würde es Kinder fressen.

Aber auch die gute alte Wendy war ja nicht immer toll. Zum Beispiel wenn sie mal wieder ein Hafifohlen an kleine Kinder verlost haben. Thematisiert wurde da zwar auch die Tatsache, dass es Schlachtpferde gibt, aber hey: Irgendein ahnungsloses Gör krieg ein Hafi Fohlen an die Backe gepinnt. Juchhee! Und wer hat da alles hin geschrieben? Natürlich jede Abonnentin! Alle wollten ein Hafifohlen. Das war doch so süß!
Man, war das ein Akt den kleinen Reitmädchen klarzumachen, dass das gar nicht so cool ist, wie die Wendy uns das Glauben machen wollte. Meine Reitlehrerin hat uns das ungefähr hundert Mal erklärt. Und wir haben trotzdem heimlich hingeschrieben.

Was das angeht, ist die Wendy halt doch up to date gewesen, nur eben vor ihrer Zeit. Macht man jetzt das Internet auf, sieht man eine Menge „Gewinnerinnen“ mit ihren Fohlen. Fragt sich nur, ob das Fohlen auch zu den Gewinnern zählt …

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