Das ist so ein Spruch, der auf mein Pferd zutreffen könnte. Nicht immer, aber manchmal eben. Denn er bemüht sich. Er bemüht sich, mich zu verstehen, er bemüht sich, ihm bekannte Lektionen auszuführen oder neue zu erlernen und manchmal bemüht er sich nicht vor lauter Vergesslichkeit umzufallen. Oder die andere Variante: Er stellt auf Durchzug und bemüht sich primär, schnell die Arbeit Arbeit sein zu lassen.
Ist ja auch nicht immer einfach. Frauchen will ja viele Dinge. Dass man artig die Hufe hebt. Da bemüht er sich je nach Tagesform entweder, mir die Hufe zu geben, oder er bemüht sich, sie möglichst fest auf dem Boden zu zementieren, damit ich wie ein Rumpelstilzchen um ihn herumhüpfe.
Daraufhin bemüht er sich zu verstehen, was er falsch gemacht hat. Manchmal kommt die Erleuchtung („Ach, das willst du, sag das doch gleich!“) manchmal nicht („Ö La Palöma Blanca!“). Man kann es regelrecht rattern hören, wenn sein Gehirn dann auf Hochtouren arbeitet. Na, ja … oder eben die Stille und die Abwesenheit von lästigem Nachdenken bewundern. Dann komme ich mit der Trense. Da bemüht er sich eigentlich immer reinzuschlüpfen. Mal klappt das gut, mal steckt er ein Ohr rein und mal versucht er auch nach 100 Jahren ohne Gebiss den Nasenriemen ins Maul zu nehmen.
Beim Sattel hört das Bemühen dann mal kurz auf. Den mögen wir ja nicht. Er ist ein Pferd von Welt und kann mir nämlich ganz allein sagen, was er mag und was nicht. Okay, Leckerlie nehmen wir dann doch. Fragen mal nach etwas mehr? Ja? Jaaaaa? Ohhhh … wieso denn nicht? Nie kriegt man hier was.
Anschließend bemühen wir uns vielleicht stehenzubleiben. Betonung liegt hier auf „vielleicht“. Wir nehmen eben gerne Dinge vorweg. Losgehen ist eins davon. „Du willst doch eh gleich losreiten, Frauchen. Komm, ich zeig dir, dass ich mitmache.“ Nett gemeint ist halt manchmal trotzdem scheiße.
Dann sind da natürlich so althergebrachte Lektionen. Im Prinzip bemüht er sich. Man kann nicht sagen, dass er sie zwingend gewissenhaft ausführt. Das liegt zum einen an mir, wenn ich nicht entsprechend unterstütze, zum anderen ist er von der Fraktion: Schludrig ausführen, dann kann keiner schimpfen, weil man es ja „irgendwie“ doch gemacht hat. Aber ein Zirkel wird halt auch nicht schöner, wenn man den inneren Schenkel konsequent ignoriert und dann ein Osterei reitet. Das gibt dann Zank. So insgesamt halt, weil ich ja nicht gerne ignoriert werde. Er ja auch nicht. Wird dann immer ganz frackig. „Frauchen, jetzt guck doch mal. GUUUUCK!“
Bei Lektionen, die er noch nicht kennt und neu erlernt, da kann ich aber schon sagen, dass er bemüht ist. Er ist nur limitiert. Ihm fallen viele Dinge schwerer als anderen Pferden, weil er lang ist. Lang und nicht so sonderlich super gebaut. Da ist es schwer, sich zu versammeln, oder zu biegen. Er macht dann etwas, so ist es ja nicht. Sofern man es vernünftig erklärt. Oft bleibt es dann aber schon dabei: „War stets bemüht“. Manchmal auch nur: „War anwesend“. Dann, wenn er auf Durchzug stellt nämlich. Da war er dann da, hat aber nix gerafft, alles für blöd befunden und wird nächstes Mal behaupten, das hätte es noch nie gegeben, Skandal!
Bei Dingen, die ihm Spaß machen, bemüht er sich dann auch was mehr. Wenn ich dreimal über die Stange trabe, dann hebt er auch beim dritten mal besser die Füße. Alles was irgendwie zum Springen führen könnte, findet er ja richtig prüüüma (Sorry, ich stimme mich gerade auf die nächste Pferdeprofis Folge ein).
Ich frag mich dann ja immer, ob ich ihm so viel falsch verklickre, oder ob er es nicht besser kann. Denn er bemüht sich ja redlich. Bei körperlichen Sachen ist das ja noch einfach, der geht halt nicht wie ein Totilas (und das ist auch gut so). Aber bei so Sachen wie „durch die Länge der Bahn geritten“ … da frage ich mich schon … was isses denn? Dann habe ich ihn letztens mal beobachtet. Er stand draußen, hinter dem Holzzaun der Weide. Vor dem Zaun lag was Leckeres, das jemand hat fallenlassen: Eine Möhre. Hm … mit Hals langmachen kommt er nicht dran. Unten drunter den Hals langmachen – geht nicht. Auf die Idee sich mittig durchzuschieben und vorne runterzugehen kommt er nicht. Ich beobachte ihn eine Weile wie er ratlos dasteht und mit der Brust in Zeitlupe gegen den Zaun drückt. Immer wieder. Bleibt irgendwann stehen und bewegt sich eine halbe Stunde nicht vom Fleck. Letzter Versuch: Hypnose. Ich gehe hin und esse die Möhre selber. So was Unselbstständiges …
Foto: Von Morwen Fotografie