Manchmal erinnere ich mich an sehr konkrete Momente aus meiner Reiterzeit zurück. Nicht unbedingt so etwas wie das erste Turnier (ich weiß zwar, welche Pferde dort in der Abteilung gelaufen sind und wie der Abreiteplatz aussah), aber das sind mir nie so Schlüsselmomente gewesen. Meist eher die, wo es was zu lachen gab.
So zum Beispiel der Beweis der Neidmentalität. Ich war lange Zeit Reitschülerin auf Schulpferden. Und mein schwarzes Monster, aka Todesstern und Zuchtgebiet Mordor kennt ihr ja bereits. Mit mir wollte keiner das Schulpferd tauschen. Fast keiner. Denn nachdem ich die über ein Jahr stumpf alleine ritt, klüngelte man sich doch zusammen. Wieso findet die das so gut? Das MUSS also auch für mich gut sein!
Also trudelten plötzlich Beschwerden ein – das Schulpferd wäre ja ständig von mir belegt. Meine Reitlehrerin musterte die Klagenden mit hochgezogenen Augenbrauen. Die wusste nämlich auch nicht, was ich an der Stute so toll fand, wusste aber, im Gegensatz zum Rest, dass die einfach ein Arschlochpferd war. Und garantiert nicht jedem Spaß macht.
Eine schrie und tobte besonders laut. Sie wolle die Stute jetzt auch endlich mal reiten. Eine eher ängstliche Reiterin, die dabei auch noch gerne mal zornig werden konnte und dann rumbrüllte.
Meine Reitlehrerin vergaß die Beschwerde bei der nächsten Reitstunde und teilte sie dem anderen Arschlochpferd zu – was deutlich schlimmer war als mein Todesstern.
Während der Todesstern nämlich berechenbar gemein war, war ihr Arschlochpferd das nicht. Der lullte gerne seine Reiter ein und blödelte herum. Und er merkte sich sehr gut Sachen.
Nennen wir den fortan: Zuchtgebiet Köln-Chorweiler. Da, wo die Assis wohnen (sorry an die Kölner -Ich weiß, nicht jeder, der in Chorweiler wohnt ist ein Assi).
Madame kreuzte also mit irre schlechter Laune auf und beschwerte sich sogleich wieder. Meine Reitlehrerin war die Beschwerden leid und meinte, wenn sie mit dem klar käme, könne man ja in der Reitstunde mal über einen Pferdetausch nachdenken. Ein Kompromiss. Mir war das eigentlich egal – ich wollte den aus Zuchtgebiet Köln-Chorweiler auch mal reiten (aber auch nicht wirklich eine einzige Reitstunde auf die Stute verzichten).
Schimpfend und fluchend macht sich die andere Reiterin ans Putzen, wird prompt vom Assi gebissen, der die schroffe Behandlung, die sie ihm angedeihen lässt, gar nicht mag. Irgendwie kein Wunder.
Als wir in der Halle stehen und gerade aufsteigen, zieht ein Gewitter auf. Dem Assi kann man das Grinsen schon im Gesicht ansehen. DAS wird lustig.
Und richtig, bei jedem Donnerschlag fetzt er los. So richtig. Und sie brüllt. Auch so richtig. Die Stute nicht, die klappt nur die Ohren aus der Nackenhaltung und wiehert mal kurz. Keine Ahnung, was sie dem Gewitter mitteilen will. Vielleicht fühlt sie sich ihm verbunden, da sie ja auch so eine Schlechtwetterfront in der Halle ist. Meine Stunde ist unspektakulär. Die der Neidhammelfrau nicht. Die segelt so gegen Mitte der Stunde dann das erste Mal. Prompt hört Zuchtgebiet Köln-Chorweiler mit allem inklusive Atmen auf und bleibt stehen. Hat ja, was er will.
Getan hat sich Madame nichts, aber sie möchte jetzt endlich das versprochene Monster haben! Sie will, sie will, sie will! Nach einigem Fußaufstampfen und Diskutieren tauscht meine Reitlehrerin die Pferde. Na, meinetwegen.
Als hätten sich beide Arschlochpferde abgesprochen, tauschen die natürlich jetzt die Rollen und die Stute macht das, was sie am besten kann: Unsinn. Und der kleine Wallach? Der ist total lieb, da kann man richtig was von lernen. Macht mir richtig Spaß – glaub, den möchte ich öfter. Dem ist das Donnern jetzt auch ganz egal.
Dem Monster ist nun gar nichts mehr egal, die spielt Monorail und lässt sich weder von der Wand wegbewegen, noch vom Buckeln abhalten, sodass das Unvermeidliche passiert – sie macht den zweiten Abgang. Natürlich nicht ohne Gebrüll.
Meine Reitlehrerin tauscht entnervt die Pferde weiter – jetzt sitzt ein ziemlich junges Mädel auf dem Monster, die auf einem ziemlich scheintoten Reitschulpferd saß. Und die Neidhammelfrau darf das scheintote, sehr langweilige Schulpferd besteigen, während das Kind auf die Stute klettert. Die macht übrigens jetzt wieder nichts Gemeines.
Das scheintote Schulpferd schlufft mit der Jammerfrau los. Der ist für Anfängersitzübungen und so was da. Den behält sie dann auch die nächsten sechs Monate … Fragt aber auch nie wieder nach dem Todesstern.
Nur weil jemand anderes ein tolles neues Förmchen hat, ist eben nicht gesagt, dass man selbst damit besser Sand schüppen kann.
Foto: Guckt auch wie ein scheintotes Schulpferd.