In letzter Zeit ist das Internet voll davon: Krankes Pferd zu verkaufen. Und nein, wir reden hier nicht von kleinen Schönheitsfehlern wie Koppen oder Weben (gesund isses nicht, das kann ich euch als Kopperbesitzer auch flüstern), aber reiten kann man Kopper und Weber natürlich schon. Aber das Reitervolk denkt sich wohl: Da setz ich mal so richtig einen drauf! Ataxie, Rehe, Narkolepsie, oder vielleicht auch Cushing und 200 Jahre aufm Buckel – das kann man noch gewinnbringend verkaufen. Denn wir wissen ja: zu ungefähr 70% sind die Seelenpferde und Herzenspferde das ja nur, wenn sie noch funktionieren. Wenn sie nicht mehr funktionieren, dann liest sich das so:
„Schweren Herzens muss ich mein Seelenpferd abgeben. Mein Wallach ist 25 Jahre alt und hat Ataxie, man kann ihn aber trotzdem noch liebhaben und sicher auch mal reiten. Ansonsten hat er eine Huffehlstellung und braucht Spezialbeschlag und Medikamente gegen seinen Keuchhusten. Außerdem kann er nur auf Spänen stehen und braucht teures Heu aus Usbekistan, was immer eingeflogen wird. Sonst ist er aber ein tolles Pferd, total dankbar und gut drauf. – 2500 € VHB – Zubehör kann gegen Aufpreis mitgenommen werden.“
Na? Kennt ihr garantiert, wenn ihr in letzter Zeit auf Pferdesuche wart. Solche Anzeigen häufen sich in Pferdegruppen, bei den Ibäh Kleinanzeigen, bei Ehorses und bei lokalen Anzeigeportal Sackhausen. Es ist unglaublich, was die Leute uns da andrehen wollen. Manche Pferde sind sogar klar ein Fall für den Abdecker, stockelahm und mit Schmerzen, die nicht mehr weggehen werden, weil sich vorher halt keiner drum gekümmert hat. Hufrehe kommen ja nicht einfach: Schwupp – und dann sind se da. Da geht durchaus meist ein langer Prozess voraus. Und der unbehandelte Husten, der spontan chronisch wird, den muss mir auch mal jemand zeigen.
Wir reden hier von schwersten Erkrankungen. Natürlich gehen die ins Geld. Aber was denken die Leute denn, wenn sie sich ein Pferd kaufen? Das ist reitbar bis Tag X und dann fällt das gnädigerweise tot um, damit ich mir direkt ein neues gesundes Pferd kaufen kann? Scheinbar ja. Und dann passt dieses erkrankte, alte Pferd nicht in den Plan. Denn Pferde sind ja sonst immer gesund. Wie kann man auf die Idee kommen, jemand anderem die Scheiße anhängen zu wollen? Und wie kommen Leute auf die Idee das noch zu kaufen? Kauft doch das nächste Mal nen Traber, wenn ihr billig – billig wollt. Die sind gesünder als das Herzenspferd mit Seuche, Kropf und lahmem Bein. Und zwar VIEL billiger. Aber vielleicht kauft ihr euch auch einfach my little Pony! So’n Traber ist für derartig gesinnte Personen nämlich viel zu schade.
Die Preise sind oft richtig frech. Denn man braucht ja ein neues Pferd und das wächst ja nicht aufm Baum. Also schnell das ehemalige Pferd für 2500 € vertickert. Mit seiner ollen Hufbeinabsenkung und Kissing Spines.
Sonst ist es aber noch gut, das kann man noch reiten. Logo!
Echt, das will nicht in meinen Kopf. Mal davon abgesehen, dass es eh für mich nicht in die Tüte kommt, mein Pferd im Alter abzugeben, kommt es erst recht nicht in die Tüte, das Pferd wenn es krank ist abzugeben. Überhaupt würde sich das schwer gestalten, da er ja, wenn man ihn nicht so bedient wie ich, gar nicht reiten kann (es sei denn man reitet ohne Sattel). Das ist viel zu kompliziert irgendwem zu erklären und auch viel zu gefährlich. Es ist schon immer schwer eine Reitbeteiligung zu finden, die genau alles SO macht, wie ich es vorher angebe und sich nicht mal denkt: Ach, das wird schon gehen. Daher wird er wohl bleiben, bis er umfällt. Aber das würde auch für ein unkompliziertes Pferd gelten. Ich habe das ja gekauft, weil ich es haben wollte. Würden wir nicht zusammenpassen und da kann jemand anderes mit Spaß haben – dann tut ein Verkauf niemandem weh, sofern das Pferd gesund ist. Aber einfach nur verkaufen, weil mir das jetzt zu teuer wird und sich ein anderer Trottel damit rumschlagen soll? Offenbar mach ich was falsch. Sieht man schließlich täglich bei irgendwelchen Pferdeanzeigen.
Tja … bin wohl einfach nicht abgebrüht genug. Aber ganz ehrlich? Will ich auch gar nicht sein.
Foto: Von Morwen Fotografie. Speckrouladenrennsemmel.