Ich frage mich immer, warum das Neid Argument so häufig ausgepackt wird. Ist es, weil man sich das wünscht? Der da sagt, ihm gefällt nicht, was ich mit meinem Pferd mache? Ah, ich weiß, der ist nur neidisch. Das klingt nämlich besser als eine Kritik, die eventuell einen guten Grund hat. Ist ja auch viel einfacher, dann braucht man nicht mehr bei sich selber suchen, sondern kann sich fein auf die Schulter klopfen, weiter mit Halsring auf der Bundesstraße reiten und bloß nicht über das eigene Verhalten nachdenken. Denn die anderen Reiter sind nur neidisch auf das tolle starke Band, das man mit seinem Pferd hat.
EEEEEEK! Falsch. Ich sag euch mal, worauf ich so in meinem Reiterleben neidisch war. Auf Leute mit eigenem Pferd, als ich noch keins hatte. Oder auf Leute, die bei Turnieren gewonnen haben. So ganz grob gesagt. Ich hätte nämlich auch gern ein Pferd gehabt und Turniere gewonnen. Jetzt habe ich ein Pferd, gehe gar keine Turniere und bin eigentlich nur manchmal neidisch, wenn andere Leute so total unkomplizierte Pferde haben, mit denen man alles machen kann – aber darauf brauche ich auch gar nicht neidisch sein, ich hab mir ja mein Pferd ausgesucht. Deal with it. Deswegen bin ich reittechnisch eher selten neidisch. Hin und wieder hätte ich aber mal gerne so einen hübschen Frankelnachkommen und ärgere mich, dass ich nicht gerade drölfhunderttausend Pfund in der Portokasse habe. Oder auf einen super Sitz – wo ich mir denke: Und wie sitzt du? Wie ne abgelaufene Bifi. Blöd. Kann ich aber natürlich auch selbst dran arbeiten.
Daher bin ich also so ziemlich auf alle Leute, die mir begegnen, nicht neidisch. Weder online noch offline. Ich glaube, das gilt für eine gewaltige Prozentzahl von Reitern, mit einer kleinen Ausnahme: Die mit den Montagspferden, oder den chronisch erkrankten. Die gucken dann genauso neidisch auf die gesunden Pferde und denken sich: Mensch, ich bin neidisch, ich würde gern mit der tauschen und auch mal wieder reiten. Das kann ich auch verstehen. Völlig legitim. Neid ist nicht so schlimm, wie die Leute behaupten. Es kann auch (bei machbaren Sachen) ein Push vorwärts sein, der einen in die richtige Richtung bringt.
Aber es ist einfach kein Neid, wenn man eine Kritik anbringt. Und die kann an einen Olympiasieger gehen, an einen erfolgreichen Jockey, an einen Trainer, oder an Gott höchstpersönlich. Ja, echt. Wenn da einer Rollkur reitet, sein Pferd verheizt, oder einfach kacke trainiert, dann ist das kein Neid, sondern ein: “Was zum Teufel macht der da?” Und wenn eine Ostwindelse auf dem Feld rumjuxt, ohne Helm, ohne Zaum und meinetwegen auch ohne Klamotten, bin ich nicht neidisch, weil ich das nicht auch könnte, sondern finde das nur grob fahrlässig und möchte das mitteilen. Ich könnte aber auch nackisch reiten. Allerdings klebt man da immer so am Sattel, daher finde ich das nicht so geil.
Wieso ist das so schwer zu begreifen? Wirklich nur wegen der oben angeführten These, dass es einfacher ist, Kritik als Neid abzutun? Also klar, die Olympiasieger und Jockeys und Gott, die lesen unsere Kritik natürlich nicht. Aber Hanni und Nanni Oberschlau, die mit unbemuskelten Rollschinken fliegende Wechsel üben, indem sie ihrem Pferd im Maul herumzerren, statt die Skala der Ausbildung zu beachten – die kriegen es natürlich mit. Hat man denn so wenig Selbstreflektion?
Ich habe noch nie angenommen, dass zum Beispiel jemand, der meine Seite blöd findet, neidisch ist. Sondern dass ich halt nicht seinen Geschmack treffe. Vielleicht hat er auch eine sachliche Kritik vorgetragen. Die lese ich und denke darüber nach. Sollte wohl auch mal damit anfangen, allen Leuten zu sagen, dass sie nur neidisch sind. Da hätte ich es ja viel einfacher mit. Vielleicht stimmt es aber auch, was man über Reiter sagt: Die haben Stroh im Hirn.
Foto: Staubig