Da hat er nun also sein Pferd, der Späteinsteiger. Komischerweise fühlen sich einige dazu berufen, irgendetwas sehr Junges, oder sehr Kaputtes. Und dann gibt es noch die Alternative: Etwas viel zu Kompliziertes, das teuer war, weil es schon viel mehr kann. Man weiß nicht genau, was sie dazu animiert, aber reitende Späteinsteiger stehen voll darauf, sich ein Pferd zu kaufen, das nicht zu ihnen passt. Manche schaffen es aber, dass es nachher passt, denn sie haben das Geld und die Geduld sich lange mit ihrem Pferd auseinander zu setzen.
Da stehen sie also in der Reitstunde, mit dem dreifach M-platzierten Trakehner und wissen nicht so recht, was sie damit eigentlich anfangen wollen. Gemütlich durchs Gelände schaukelt der jedenfalls nicht, denn er möchte was tun. Springen, Dressur, egal – Hauptsache beschäftigt.
Das sieht sein Frauchen ganz anders, die möchte doch gar keine Turniere reiten, aber der war so schön. Also hat sie ihn gekauft. Und Zeit hat sie auch nicht, ihn jeden Tag zu beschäftigen.
Was dazu führt, dass der Trakehner bald Lambada tanzt und Theater spielt. Und zwar alle Parts von MacBeth solo.
Da ist guter Rat nun teuer. Und vor allem reitet der Späteinsteiger nicht einfach so darüber hinweg. Der stellt nun alles in Frage, was er so in seinem Reiterleben gelernt hat, bestellt Osteopathen, Sattler, Tierärzte, Voodoopriester und reitet das Pferd nur noch unter Aufsicht. Bis er selbst in der Lage ist, dieses gezüchtete Ungetüm zu bändigen.
Ist es nicht der Trakehner, sondern das gerettete Schlachtpferd, ist der Weg meist länger und teurer. Aber es spricht den Mutterinstinkt des Späteinsteigers an, selbst wenn er ein Vater ist.
Hach, da haben die Görlz natürlich Spaß, wenn Mutti immer allein im Stall zurückbleiben muss, weil ihr Rettungsanker oder überzüchteter Trakehner zu kompliziert fürs Gelände ist. Mit nichts kommt die klar. Ist doch logisch, die hat ja auch nicht von klein auf reiten gelernt. Und dass die auch immer den Tierarzt kommen lässt. Das Pferd ist nur ungezogen. Muss man halt mal drüber reiten.
Und dann diese ganzen Reitstunden. Das braucht doch kein Mensch, der Reitlehrer verdient sich an der eine goldene Nase. Die Görlz sehen die Halle übrigens nur zum Freispringen, die haben keine Lust auf Reitunterricht. Können ja alles.
Wenn der Späteinsteiger dann zusätzlich eine Reitbeteiligung sucht, wird es ganz wild. Da erleben wir interessante Geschichten. Außerdem müssen natürlich alle Reitbeteiligungen gehen, die besser als der Besitzer mit dem Zossen klarkommen. Das liegt nicht daran, dass sie Sachen verschludert, grob mit dem Pferd umgeht, oder sich nicht an Absprachen hält – nööö. Das liegt immer daran, dass das Mädel, was ja schon von Geburt an reitet, so viel toller mit dem Pferd klarkommt, als die Besitzerin.
Die Gerüchte halten sich hartnäckig, so hat es der Späteinsteiger dann auch noch zusätzlich schwer, jemanden fürs Pferd zu finden. Obwohl er sehr viel Geld in ein rittiges Pferd investiert hat, das nun auch läuft. Und überhaupt, so oft wie der runtergefallen ist … ne. Und arrogant ist der Späteinsteiger garantiert auch. Der fragt ja nie nach Hilfe. Püh!
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