Reiter sind amtliche Heulsusen. Nicht alle, aber die meisten. Und wenn ich sage, meine ich sehr wohl alle, weil man nur einfach nicht jeden Reiter mit derselben Sache bekommt. Wir Rennreiter zum Beispiel sind da sehr speziell. Schon allein, weil die meisten Rennpferdefilme scheiße sind und wir da nicht heulen. Weil wir uns zu sehr über falsche Dinge im Film aufgeregt haben. Aber trotzdem heulen wir alle bei schönen Pferdegeschichten. Ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass wir zum Großteil Frauen sind (auch die Männer manchmal), oder weil wir manche Dinge sehr schlecht abstrahieren.
Doch ich kenne genug gestandene Frauen, die einen echten Sauerbraten aus Pferd verschlingen, aber bei Spirit – der wilde Mustang rumheulen, als wären sie sechs Jahre alt. Auch wenn sie ihn schon tausend Mal gesehen haben. Die haben kein Problem damit, einer Sezierung beizuwohnen, aber sie heulen bei Seabiscuit (das kann ich nicht, ich bin da jedes Mal zu wütend über den schlechten Film).
Nein, nein, Reiter sind eben gar nicht knallehart. Oder sagen wir: Nicht nur. Wenn im Stall jemand sitzt, rote Augen, rote Nase und uns sagt, dass er gerade sein Pferd einschläfern musste, da könnten wir direkt ne Runde mitheulen. Denn manchmal sind wir ein bisschen zu empathisch.
Manchen Leuten reicht es schon, auf Facebook von einer flüchtigen Bekanntschaft zu lesen, dass das Pferd der Omma eingeschläfert wurde und es wird geheult.
Wir müssen manchmal nur Pferdebücher aufschlagen und die Tränen fließen. Irgendwie fehlt manchmal die Schranke: Ist nicht meins, kratzt mich nicht. Was eigentlich auch schön ist. Aber mal ehrlich, wer will denn schon bei jedem Pferdefilm zum plärrenden Etwas mutieren? Niemand. Deswegen verkneifen wir uns die Filme, die uns zum weinen bringen ganz oft. Ich bin zum Beispiel relativ abgehärtet. Spirit? Pff … Ruffian? Na. Dreamer? Igitt. Seabiscuit? War da was? Secretariat? Gibt’s da nen Grund zu heulen?
Aber Phar Lap … Phar Lap wird gemieden. Phar Lap geht echt gar nicht. Da heule ich schon ab der Szene mit dem kaputten Huf, wo er die ganze Gerade noch Gas gibt und gewinnt.
Ansonsten sind meine Heulefilme nicht pferdisch und witzigerweise habe ich auch nur 4. Drei davon kann ich noch angucken, den vierten werde ich NIE wieder schauen. Danach brauch ich sonst einen persönlichen Clown der mich mindestens eine Woche aufmuntert (die letzten Glühwürmchen anyone?).
Aber Bücher … ja, der erwähnte Seabiscuit Film ist schon saudoof. Das Buch hingegen muss ich immer alleine und heimlich lesen, damit mein dicker Mann nicht fragt, warum ich so glasige Augen habe. Weil ich gleich losheule! Gnah! Ich habe das so oft gelesen und es nützt gar nichts.
Ist natürlich immer eine Frage der Stimmung, aber ich war auch mit einer Horde Pferdemädchen im Kino und die Hälfte kam heulend nach Hidalgo raus. Dabei gibt’s nicht mal was zu heulen. Irgendwie sind Reiter nur sehr schnell sehr ergriffen, wenn da ein Pferd irgendwohingaloppiert und das ganze noch nett mit Musik untermalt ist. Wir sind halt einfach zu unterhalten. Ist das wohl der Grund, warum viele Pferdefilme so scheiße sind?
Und dann gibt es ja da noch die fiesen Sachen, die darauf abzielen. War Horse und Black Beauty. Beides für mich eher so mäh. Aber ich verstehe jeden, der da heulend unterm Fliesentisch liegt. Manche weinen auch beim Pferdeflüsterer. Bei Ostwind kann ich das nicht sagen, weil den ja nie jemand gesehen haben will. Und falls doch, haben sie scheinbar nicht geheult. Hab’s jedenfalls noch nie gehört.
Tja, warum sind wir Reiter denn eigentlich so? Auf der einen Seite in Eiterbeulen herumstochern, aber schon losheulen, weil wir im Vorbeigehen kurz gesehen haben, dass die Familie gerade „Gefährten“ schaut.
Eine Erklärung habe ich dafür auch nicht. Aber ich bin mir totsicher, dass ich nicht alleine bin. Ganz und gar nicht.
Na, bei welchen Filmen und Büchern müsst ihr heulen?
Foto: Moppel vergewissert sich, dass alles richtig gemacht wird. Skeptischer Blick nach hinten geht immer.