Ich weiß ja nicht, wie ihr reiten gelernt habt. Aber ich bin durch eine „harte“ Schule gegangen. Wer unfair zum Pferd war, musste absteigen, wer nicht selber hochkam, bekam keine Hilfe und wenn die Reitlehrerin gebrüllt hat, wussten auch unten im Stall ALLE, dass du gemeint bist und gerade einen Anschiss kassierst, der vom Allerfeinsten ist. Muss nicht jeder gut finden, hat bei mir aber gezogen. Umso besser schmeckt dann nämlich das spärliche Lob. Und Kinder dazu erziehen, ordentlich mit dem Pferd umzugehen? Umso besser. Und das in den verpönten, mysteriösen 90ern, wo doch alle Ständerhaltung hatten, nur Abteilung geritten sind und alle nur Draufhauen und Zerren gelernt haben. Muss was sehr falsch im Stall gelaufen sein …
Wie stolz man ist, wenn man auch mal das schwierige Schulpferd reiten durfte, wie sauer man auf sich selbst ist, weil man unbedacht beim gestikulieren an den Zügeln gezogen hat und dafür garantiert nicht nächste Woche sein Lieblingsschulpferd reiten darf …
Aber heutzutage, da möchte ich keine Reitlehrerin sein. Nicht nur wegen der Kinder, auch wegen der Eltern, die ständig akribisch die Schritte des Zöglings überwachen und den Reitlehrer permanent in Frage stellen. Obwohl sie natürlich NICHTS über Pferde wissen. Die harmlosere Variante sind dann die, die nur ständig, nickend wie ein Wackeldackel, fragen: „Macht sie gut, ‘ne?“ Und dabei natürlich wie der besagte Wackeldackel nicken.
Wie auch in der Schule, hat der Reitlehrer nur nicht erkannt, welch wunderbares Talent in der kleinen Schakkeline steckt, die mit ihrem Hintern weder in den Sattel passt, noch irgendein Gefühl in den Fingerspitzen besitzt. Sie gleicht einem Stein auf einem Trampolin, unkontrolliert und irgendwie auch unnütz.
Dann gibt es die Eltern, die tatsächlich talentierte Kinder haben – aber alles besser wissen. „Kann Sie nicht jetzt schon mal aufs Turnier? Sollen wir schon mal drei Pferde kaufen? Vorsichtshalber? Falls eins kaputt geht? Wieso halten Sie das denn für keine gute Idee? Ich finde die Idee gut!“
Und die Anti-Autoritären: „Haben Sie gerade mein Kind kritisiert? Das geht aber gar nicht. Sie müssen sie schon loben!“ Auch wenn das Kind grinsend mit den Gebissringen in den Fingern durch die Halle jagt und das Pferd schon Genickstarre hat.
Erwachsene Reitschüler sind noch schlimmer, denn sie verkörpern die Eltern in Persona – und bringen ihre eigenen auch noch gerne mit.
„Die hat mich angeschnauzt, weil ich jeden Galopptritt mit der Gerte dran bin? Die hat ja keine Ahnung! Ich wechsle den Reitlehrer und poste noch schnell in alle Gruppen, dass keiner dahin gehen soll! Der zeig ichs!“
Oder: „Die findet mich gar nicht toll, die kann mich nicht leiden, nie lobt sie meine tollen Kunststücke!“ Das Kunststück besteht dann gerne daraus, im Stuhlsitz das Pferd im Stechtrab durch die Halle zu jagen – inklusive weggedrücktem Rücken.
Auch beliebt: „Ich komme ja gar nicht weiter als bis zur A Dressur! Meine Reitlehrerin muss schlecht sein!“ Am besten dann mit einem unförmigen Wald und Wiesenmix, der äußerst limitiert (dank Reiterlein und Exterieur) in all seinen Bewegungen ist.
Natürlich gibt es schlechte Reitlehrer. Aber der Post hier ist für all die Guten, die sich täglich den Arsch aufreißen, um uns das Reiten beizubringen. Nicht für die Deppen, die mit Handy an der Bande stehen und falsches Reiten mit: „Ui, ja fein … was gibt’s auf Facebook?“ kommentieren.
Foto: Ihr erinnert euch an: Die hässlichste Schabracke im Reitladen? Ja? Da ist das gute Stück.