Irgendwann, als es plötzlich hip und trendy war, einen Offenstall zu haben, wollte plötzlich jeder einen. Ist ja theoretisch auch ganz einfach: Zaun, Wiese, irgendwas mit Dach – fertig. Wie, nicht? Wieso nicht? Viel mehr ist das aber doch auch gar nicht. Sagen jedenfalls die, die meinen, dass so ein Offenstall ja totaaaal easy zu managen wäre.
Eine Bekannte über 10 Ecken auch. Die wollte mir nämlich ihr tolles Konzept einmal präsentieren, denn meine vehementen: Lieber nachts Boxe als schlechter Offenstall- Tiraden, die wollte sie entkräften. Weil Offenställe ja immer gut sind.
Es ist Sonntag, ich bereue bitterlich, dass ich mich so früh habe aus dem Bett schmeißen lassen, nur um ein Matschloch anzusehen. Aber gut, ich fahre hin, ich treffe meine eigentliche Bekannte und da begrüßt sie uns auch schon: Die klischeehafte Offenstallbesitzerin. Mit Schlappen und Locken. Marke: War zu faul die Haare zu kämmen. Aber ich will ja nicht urteilen, ich sehe sonntags morgens nach zu wenig Schlaf und einer Nacht in irgendeiner Assi Disco auch nicht sonderlich toll aus.
„Hast du denn auch ein Pferd?“, fragt sie mich.
„Nein.“ Tatsächlich – damals hatte ich keins.
„Aber wenn, dann würdest du doch sicher auch wollen, dass es natürlich gehalten wird, oder?“
Gucke auf den Matschplatz. „Pferde kommen aber aus der Steppe, nicht aus dem Sumpf.“
„Ja, aber wenn das trocken ist, ist das toll.“
Leider ist es im Winter nie sonderlich trocken. Und der Matsch ist so tief, dass meine Stiefel bis zum Knie einsacken und mir der Modder in die Schuhe läuft. Prost. Wünsche mich jetzt schon in die Assi Disco zurück.
Sie zeigt uns ihren „Stall“. Ein Bretterverschlag.
„Selbstgebaut!“, trumpft sie auf. Wer soll denn da wohnen? Ameisen? Hat sie das Konzept: „Türenloser Stall“ gebraucht? Weiß keiner. Die Lösung findet sich aber, die Eingänge sind hinten. Wo es kaum Platz zwischen Zaun und Eingang gibt. Warum? „Vorne hat das nicht gehalten.“ Liebevoll mit Tacker und Seilen wird also dieses Konstrukt zusammengehalten, in dem ich auch ein Shetty finde. Das kommt aber nicht an die Tränke. Wie hat sie die da nur hinbekommen?
„Das war schon, wir haben nur neu drumherum gebaut.“ Egal was vorher dort war, es kann nicht schlechter sein, als das, was jetzt ist.
„Wie bekommt der denn Wasser?“, frage ich naseweiß, wie ich bin.
„Ist ja Winter, da sind genug Pfützen da. Im Sommer bekommt der einen Eimer.“
Schlage meiner Freundin vor, zum Brunch zurück in die Assi Disco zu fahren, denn das kann ja kaum schlechter sein als hier, aber die will noch bleiben. Aus Gründen.
„Da hinten sind die Weiden, da sind die gerade drauf.“
Gut, dass sie das dazu sagt, denn das hätte ich nicht erkannt. Dachte, das gehört zum Matschplatz. Ob sie mal was von Abstecken, oder Pflege gehört hat? Nein? Ach, war ja klar.
Sehe keine Pferde, aber sind sicher irgendwo da hinten.
„Und wo ist das Heu?“
„Ach, die brauchen ja nur Heu, wenn die nicht auf der Wiese sind. Bei Frost und so.“ Frage mich, wann dieses „und so“ ist, aber lasse mir dann die Heuraufe zeigen, die ich für Gerümpel auf dem Matschplatz gehalten habe. Eine interessante Konstruktion aus Eisenstangen und Plastik (nicht sonderlich haltbar, ich kann mit meinen Fingern Löcher hineinpieksen, was mir prompt einen strengen Verweis bringt). „Das geht doch kaputt!“
Ich vergaß, meine Finger sind stärker als zehn Pferde.
Wir kehren zurück zu dem zurück, was sie Parkplatz nennt und Frau Offenstall nimmt meiner Freundin das Versprechen ab, ihr Pferd ja in keinen anderen Offenstall zu stellen, denn ihrer ist ja der Beste.
Im Auto darf ich endlich lachen. Lache aber nur ca. fünf Sekunden, dann stellen wir fest, dass wir uns auf dem betonharten Steppenboden (denn es ist derselbe Boden wie auf dem Matschplatz) festgefahren haben.
Foto: Wohnt zum Glück nicht in einem solchen Stall.