Ich bin keine gute Reitlehrerin. Jedenfalls nicht für Kinder. Auch sonst eher nicht so, weil ich zu Sarkasmus neige und anfange, Sachen zu werfen, wenn jemand meinen Rat möchte, ihn aber nicht umsetzt. Und weil ich schlecht werfe, treffe ich nachher noch Unschuldige und das will ja keiner.
Heute erfahrt ihr, warum ich nicht Kinderunterrichtskompatibel bin – jedenfalls nicht, wenn die nur singen und klatschen in der Schule hatten.
Ich bin zum Probearbeiten auf Hof ABC. Mir wird eine Kinderstunde präsentiert, die aber zu den Fortgeschrittenen gehört.
„Die können schon alles alleine!“, sagt mir die leicht vegan angehauchte Hofbesitzerin mit Perlen in den Dreads.
Super, denk ich mir und renne Richtung Stallgasse, um die Kiddies zu begrüßen. Soll man ja nicht meinen, aber Frau Arschlochpferd besitzt pädagogische Vorbildung. Die kann man ja gleich mal an den Kurzen erproben.
Die Dame ist aber noch nicht fertig. „Die sind schon total super, und noch nie ist jemand runtergefallen.“
„Wer hat die denn vorher unterrichtet?“ Erwarte Spider Man, oder was anderes, sehr Klebriges.
„Die Ulla.“
„Und wer ist die Ulla?“
„Ja, die Reitlehrerin vorher. Die war suuuuuper einfühlsam und hat denen irre viel beigebracht.“
Nun ja … von einfühlsam bin ich weit entfernt, aber das ist Kindern eher egal als heulsusigen Erwachsenen, die wollen, dass ich ihnen das Bäuchlein streichle und den Hintern pudere.
Ich werde also vorgestellt. „Schaut, liebe Kinder, das ist die Frau Arschlochpferd, die macht heute Reitstunde mit euch.“
Im Chor kommt natürlich prompt: „Hallo Frau Arschlochpferd.“ So straff, dass ich fast denke, Mussolini hat hier unterrichtet. Na, immerhin, keine Unruhestifter.
Die Dread Frau lässt uns allein und ich beobachte ein bisschen die Kinder. Zum Beispiel die Sabine. Die Sabine ist eine Petze. Ungefähr so:
„Frau Arschlochpferd, die Bjuuuuti hat nen Huf gehoben.“
„Ja, und?“
„Das darf die nicht.“
„Und warum sagst du MIR das?“
„Hm …“
Ja, hm … Weiß die Sabine auch noch nicht so genau.
Eines der Mädchen steht hiflos mit der Trense neben ihrem Pony. „Ich weiß nicht wie das geht.“
Kann es mir nicht verkneifen. „Hat die Ulla dir das nicht gezeigt?“
„Nein, die hat das immer für mich gemacht.“ Verschlagenes Biest. Satteln ging ohne Probleme. Hab’s doch gesehen.
„Wie würdest du das denn machen.“
„Na, so und so.“ Sie zeigt es mir.
„Ja, dann mach das doch mal.“
„Das trau ich mich nicht.“
Moah! Ich weiß, warum die Ulla das selbst gemacht hat …
Als dann endlich alle drei Kinder fertig sind, geht es in die Halle. Die glückliche Hofbesitzerin hupst hinter mir her und freut sich nen Ast, dass sie wohl die Kinder nicht mehr bespaßen muss, denn als ich die Hallentür zumache, ist sie plötzlich einfach weg.
Und die Kinder mit mir allein. Bzw. ich micht den Kindern. Weiß nicht, für wen das jetzt schlimmer ist.
Die Sabine hat auch gleich was zu meckern.
„Frau Arschlochpferd! Die Bjuuuuti macht nicht was ich will.“
„Was willst du denn?“
„Dass die geht.“
„Und warum sagst du das mir?“
„Weiß nicht.“
„Ja, dann sag’s der Bjuuuti mal.“
„Bjuuuuuuuuuuuuuuuti! Du sollst gehen.“
Facepalm von mir. „Wie treibst du denn ein Pferd an?“
„Weiß ich nicht, die geht immer hinter der Schakkira! Aber die ist ja nicht da!“
Nachdem Bjuuuti mal irgendwann hinter Max läuft, kann es dann auch losgehen.
Aber halt. Da fehlt noch ein Kind: Die kleine Quengelnase namens Kira. „Frau Arschlochpferd! Mein Pony ist kaputt.“
„Wieso?“
„Ja, weil das Geräusche macht.“
„Na, das muss Geräusche machen. Wenn es keine macht, ist es tot.“
Das hätte ich besser nicht gesagt, denn die kleine Kira teilt mir jetzt diverse Male in der Reitstunde mit, dass ihr Pony nun tot ist, weil kein Ton kommt.
Während die Sabine schon wieder was zu petzen hat. „Frau Arschlochpferd! Die Bjuuuti hat die Hanni versucht zu beißen.“
„Es ist dein Job das zu verhindern.“
„Ja, aber wie?“
„Genau wie?!“ schaltet sich das Kind vorher ein, das ständig auf hilflos macht.
„Du lässt sie nicht so dicht an Hannis Po laufen, ganz einfach.“
Habe noch im Ohr, dass ja nie ein Kind runtergefallen ist. Und als Bjuuuti schon wieder versucht, statt Hannis Hintern das gesamte Hannipony mit Kind zu fressen, sage ich zu Sabine: „Werd mal böse mit der! Die merkt gar nicht, dass du etwas von der willst.“ Immerhin hat die Sabine ja auch eine Gerte in der Hand. Weiß gar nicht warum und wer ihr die gegeben hat (ich war es nicht)
Der Sabine fällt dazu aber nur ein, Bjuuuti mit der Gerte zu streicheln. Das reicht dem Pony aber. Ich gucke kurz zu Kira, gucke wieder zurück und da liegen schon zwei Kinder auf dem Boden. Huch … wann ist denn das passiert?
„Alles okay?“
„Ja, Frau Arschlochpferd.“ Da stehen die beiden schon wieder stramm und dackeln zu ihren Ponys.
Als sich die Stunde dem Ende neigt und die Kinder immerhin alle eine Runde mal allein geritten sind, bedanken die sich auch artig und freuen sich lautstark, wenn ich dann am nächsten Tag wiederkommen soll.
Weiß auch nicht, was diese Ulla mit denen gemacht hat. Irgendeine obskure Mischung aus Armeedrill und Dutzi … aber eins hat sie denen ganz sicher nicht beigebracht: Reiten.
Foto: Fährd und Birnenbaum. Hüpsch!