Leute reagieren nach einer vorgeschriebenen Formel, wenn der Gegenüber sagt, er habe ein Pferd. Das ist einfach so. Dabei ist es nicht unbedingt immer ein Reiter, den man vor der Nase hat. Nein, es sind Arbeitskollegen, oder irgendwelche Leute im Bekanntenkreis über zehn Ecken. Vor allem die funktionieren großartig nach Schema F. So wie man ja auch immer zu hören bekommt, wenn man sagt, man sei Autor: “Ach, ich wollte auch immer ein Buch veröffentlichen, ich hab nur keine Zeit.” – Genau, ist immer ausschließlich eine Zeitfrage, dieses Veröffentlichen, sonst nichts. Bei dem Satz: “Ich habe ein Pferd” ist es ähnlich.
“Ach, dann bist du sicherlich sehr reich. Bekommst du das von deinen Eltern bezahlt?”
-Ich bin 31 Jahre alt und gehe arbeiten. Was genau sollen mir meine Eltern bezahlen?
“Ich bin früher auch mal geritten” – was impliziert: “Ich bin voll der Krasschecker und kenne mich aus!”
-Das ist schön. Was soll mir diese Information jetzt genau sagen. du möchtest wieder reiten? Du weißt, wie so ein Pferd aussieht? Was soll ich damit?
“Und machst du auch noch richtigen Sport?”
– Ich weiß nicht. Was ist denn richtiger Sport? Schach? War ja immerhin mal olympisch. Falls ja … ja!
“Ach, wie süß!”
– Süß wäre jetzt echt das letzte mit dem ich ein Pferd beschreiben würde. Süß sind Hundewelpen. Oder Shettyfohlen. Aber ein großes, ausgewachsenes Pferd? Süß? Ich muss da noch mal dran lecken, um das wirklich sagen zu können.
“Dann bist du ja den ganzen Tag nur im Stall.”
– Neben meiner normalen 40 Stunden Woche und einem Haushalt mit Katze und Mann und schreibe noch Bücher und ich habe ein Sozialleben außerhalb vom Stall. Aber ja: Ich bin auf jeden Fall nur im Stall.
“Igitt, das ist eklig.”
– Kann zwar jeder sehen, wie er will, aber ich hatte das jetzt doch eher bei Aussagen wie: “Ich habe eine Tarantel” erwartet. Oder: “Ich züchte in meiner Freizeit Nacktmulle.”
“Cool, darf ich mal drauf?”
– Stellt diese Frage einfach nicht. Reiter finden die nicht witzig. Echt jetzt. Ganz gewitzte Reiter klettern daraufhin in euer Auto, klauen euer Tennis-Set, testen eure Golfschläger und gehen mit eurem Kind in den Supermarkt und kaufen ihm Kaffepulver.
“Pferde? Die stinken doch.”
– Wirklich witzig, wenn das von stinkenden Arbeitskollegen kommt. Definitiv, mein Pferd riecht besser. Und der hat sich vorher noch in seiner eigenen Kacke gewälzt.
“Wie bezahlst du das denn?”
– Erschreckend: Mit Geld!
“Pferde werden ja immer krank.”
– Und andere Lebewesen sind immer gesund. Ja, Reiter kalkulieren das tatsächlich mit ein, dass so ein Pferd auch mal krank sein darf.
“Und? Bist du erfolgreich?”
– In was? Also, da musst du schon präzise werden? Erfolgreich Mist schippen kann ich. Außerdem kann ich erfolgreich Hufe auskratzen, Haare entfernen und durchaus auch im Gelände und auf dem Platz erfolgreich reiten. Im Sinne von: Das funktioniert.
“Ist das nicht langweilig?”
– Fragt das doch vielleicht mal die Briefmarkensammler, Golfspieler, oder andere Hobbyinhaber, die diesen als langweilig verschrienen Hobbies nachgehen. Aber doch bitte nicht die Reiter. Wir haben manchmal schon Adrenalin, wenn das Telefon klingelt und wir die Nummer vom Stallbesitzer sehen. Könnte ja was kaputt sein.
Foto: Sonnenbaden für rote Rollmöpse