wir alle kennen die unbeobachteten Momente, wo man in Ruhe mit seinem Pferd arbeiten kann, natürlich gelingt uns dann auch etwas richtig Tolles, das Pferd geht super, man ist eine Einheit, eine schwere Lektion gelingt plötzlich, etc. Die Gegenteilmomente gibt es auch. Wenn einer zusieht (oder mehr), dann geht es nicht nur schief, dann bietet man seinem Stall direkt ein breites Spektrum an Lästereien an, denn sie haben ja alle gesehen, was passiert. Mehr oder minder.
Mein Pferd kann das richtig gut. Er schafft es nicht nur zuverlässig, mich als pferdeschlagende Tierquälerin hinzustellen, nein, der guckt dabei auch noch richtig leidend.
Als ich ihn kaufte, z.B. Er war eine richtige Klette, wollte überhaupt nicht weg von seiner Herde und entsprechend hypernervös, wenn ich mit ihm auf dem Platz ein bisschen was tun wollte. Und da ich noch ca. einen Monat in dem fremden Stall stand, musste ich das wohl oder übel. Während also das Pferd völlig nervös vor mir und hinter mir rumhüpfte, tuschelte natürlich schon alles im Stall – die kommt ja gar nicht mit dem klar. Na, die möchte ich mal sehen. An Erziehung oder Kommandos war ja gar nicht zu denken, denn er hielt es weder für nötig, auf irgendetwas zu reagieren, noch zu lernen – er wollte nur weg, wieder zur Herde.
An einem dieser Tage komme ich also zum Platz. Eine Frau ist drauf und putzt (ja, fragt mich nicht, ich weiß bis heute nicht, warum diese Einstellerin auf dem Platz putzt …). Ich möchte reinkommen, Pferd wiehert und titscht um mich herum und springt mir plötzlich mit Anlauf in die Hacken. Ich fluche lautstark, habe die Nase voll und es gibt ein paar vor den Latz. Pferd reißt den Kopf hoch, rollt die Augen und tut so, als hätte er die Trachtprügel seines Lebens bekommen. In der Stallgasse stehen schon die Zuschauer, die haben das alle gesehen. Also mehr oder minder. Sie haben natürlich gesehen, dass ich ein böser Pferdequäler bin. Den Rest nicht. Danke auch, Arsch!
Oder das erste Mal beim Schmied. Ich gehe im Kopf davon aus, dass der wohl den Schmied kennt. Er ist ein verdammtes Rennpferd, er muss ihn kennen. Und weil er draußen ja nicht sein will, wenn man ihn von der Herde trennt, versuche ich es mit der Box. Das nette Pferd steigt prompt den Schmied an und gebärdet sich rasend – wohingegen er draußen plötzlich ganz lieb ist. Danach allerdings auch lahm, denn der Schmied hatte wohl seine Brille nicht dabei. Verbuche ich unter: Er hat’s geahnt. Die Bescheuerte bin trotzdem wieder ich, weil ich ja natürlich keine Ahnung habe, wie man mit einem Pferd umgeht und so.
Beim Verladen das nächste Trauerspiel. Keiner möchte mir mit energischer Hand helfen – alle wollen nur tüddeln und streicheln. Ich sehe mein Arschlochpferd quasi schon lachend auf dem Boden liegen, denn der weigert sich zuverlässig mit Duzi auf den Hänger zu gehen. Er grinst und kichert innerlich. Da muss einer vorne ran und einer hinten, der ein bisschen energischer scheucht und Schwupp: Dann steht der in fünf Minuten auf dem Hänger. Er ist ein Rennpferd! Die Rennen sind nicht zu ihm gekommen. Die Tüddeltanten am Stall möchten aber nicht energisch werden, nein, den muss man streicheln und ein umfangreiches Hängertraining machen. Kriege Visitenkarten von suuuper Hängertrainern in die Hand gedrückt. Außerdem soll er lernen auf Druck zu weichen. Und ich habe natürlich eine Zuschauerzahl die schon die 20 Überschritten hat.
Und alleine, ohne einen, der mal Hop sagt, ihm einen Klaps auf dem Hintern gibt, geht der nicht. Oder gar mal eine Longe holt, um zu begrenzen, das hätte schon gereicht. Aber Longen sind Tierquälerei … Pferd gewinnt, ich bin so ultra angenervt von allem dort, dass ich zum Telefon greife und mir einen anderen Hängerfahrer organisiere. Der wirft eine Transportgamasche nach dem Arschlochpferd und wer ist auf dem Hänger? In fünf Minuten? Aha …
Zuhause angekommen habe ich plötzlich übrigens das freundlichste Pferd der Welt, das gar keine Probleme hat, alleine irgendwohin zu gehen, oder mir seine Aufmerksamkeit zu schenken. Oder vom Hänger zu gehen.
Foto: Ja, genau so! Immer unschuldig gucken und dann die Welle machen.