Kennt ihr auch diese Stoßzeiten im Stall? Dann, wenn wirklich jeder (auch die, die gar nicht müssten), auf einmal sein Pferd an den Putzplatz stellt, manchmal (so vermute ich) sogar gezielt, um Leuten auf den Keks zu gehen. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, warum im manche Uhrzeiten so ein Theater dort herrscht. Dabei kann man es auch sehr gut als Highlander Prinzip bezeichnen: Es kann nämlich nur einen geben. Also einen, der bequem steht, genug Platz hat und außerdem dabei noch gut aussieht.
Dabei fängt so ein Kampf ja immer ganz harmlos an. Man ist völlig allein. Ich bin vor allem deswegen allein, weil ich ja den Todesstern dabei habe, die hält ganz von allein Pferde schon mal ein wenig mehr auf Abstand. Wäre auch schlimm, wenn die mit ihrem Wanst noch eigene Gravitation entwickeln würde, wo sie doch nichts und niemanden leiden kann.
Grüßend nähert sich eine andere Einstellerin mit ihrem mopsigen Schulpferd. Der ist nett, den kennt sogar der Todesstern, der darf mit einem Anbinder Abstand neben ihr stehen. Solange der sich nicht wagt zu gucken. Wir putzen so vor uns hin, draußen ist es matschig und die Pferde sehen aus wie Sau.
Eine Nase-Hoch-Frau tanzt mit Nervenbündel Pferd an. Die putzt auch nur aus Prinzip bei uns, wahrscheinlich weil am anderen Putzplatz (der direkt neben ihrer Box liegt) niemand ist und sie irgendetwas hat, das sie uns unbedingt unter die Nase reiben muss. Auch nonverbal.
Es ist eine Schibbi-Schabbi mit dazu passenden Bandagen. Die werden natürlich am leeren Anbinder noch mal fein aufgerollt, während sie die Nase über meine 70er Jahregamaschen rümpft. Leise natürlich. Die redet gar nicht mit uns.
Das Trio wird erweitert, zwei Mädels mit ihren Ponys kommen dazu. Weil Ponys ja quasi auf einem Bierdeckel wenden können und auch eher wie Schoßhunde sind, werden die ungefragt zwischen die Großpferde gequetscht. Neben dem Todesstern ist noch ein Anbinder frei. Das komatöse Schulpferd zu meiner Linken ist genervt, weil das Pony hibbelt und die Schibbi-Schabbi-Tante mit den Bandagen viel zu viel rumhampelt – und ihr Pferd sowieso, das scheint gegen Eichelkäsegelb allergisch zu sein.
Es dreht sich Richtung Pony, Pony dreht sich Richtung Großpferd, es wird ein Bein gehoben und rumgequietscht.
Die Ponyreiterin schimpft und dirigiert die kleine Ratte vom Nervenbündel weg, aber Nervenbündel rollt immer noch mit den Augen, weil Frauchen ja gar nichts mitbekommt und immer noch ihre schönen „Bandis“ zusammenknotet …
Ein Panzer rollt unterdessen an und questscht sich ungefragt neben den Todesstern, die sich daraufhin sehr dick macht und drohend den Kopf in Richtung Panzer hebt. Aber Panzerreiterin und Panzerpferd sind völlig immun. Und ungeschickt, denn Panzerfrauchen lässt ungefähr 200 Mal ihre Bürsten laut klappernd fallen. Ich höre jedes Mal wie das Nervenbündel Pferd dabei einen Satz macht. Beim letzten Mal wird daraus ein längerer Laut und als ich am Todesstern vorbeispähe, hängt das Nevenbündel im Strick. Hinter ihm parkt Chaosfrauchen ihren hengstigen Wallach. Der macht ja nix und kann unangebunden stehen.
Schibbi-Schabbi-Frauli hat endlich mal mitbekommen, dass ihr Pferd irgendwas macht, die guckt nämlich komisch und überlegt noch, ob sie jetzt wirklich den leeren Anbinder aufgeben muss, um ihr Pferd zu befreien.
Ja, doch, macht sie jetzt mal besser.
Ich gehe kurz weg um den Sattel zu holen (der sich auf der anderen Seite des Putzplatzes befindet). Ich nehme ihn vom Ständer, es kracht und scheppert, ich sprinte mit dem Sattel raus und gucke mich um.
Das Schulpferd ist immerhin Ausgehfertig und möchte jetzt auch wirklich, wirklich gehen, denn es schleift seine Reiterin mit sich. Das zweite Pony hat sich aus seinem Halfter befreit, der hengstige Wallach versucht trotz Protest das Nevenbündel Pferd zu besteigen, das andere Pony hat eine Bürste im Maul und kaut darauf herum, während das Panzerpferd gerade dabei ist, mit dem Huf den Putzkasten seiner Besitzerin zu zerlegen, während die einen Schnack mit der Ponyfrau hält. Und die Eichelkäsegelben „Bandis“? Die liegen im Dreck.
Der Todesstern hat es sehr eilig von hier wegzukommen. Und ich auch. Kann halt nur einen geben.
Foto: Das Theater haben wir zum Glück nicht mehr.