Angst ist ein zentrales Thema beim Reiten, das dennoch ewig totgeschwiegen wird, weil Reiter vor allem ein Problem damit haben, genau diesen Fakt zuzugeben. Wir sehen ja, welche Kontroverse die Pferdeprofis mit der üblen Angstreiterin ausgelöst haben, Angstreiter solidarisieren sich und behaupten, man dürfe sich nicht über Angst lustig machen, denn das wäre ja böse.
Da halte ich aber definitiv dagegen. Man muss sich sogar über Angst lustig machen und über den Fakt, dass man Angst hat. Denn anders überwindet man es ja doch nicht.
Es ist traurig, dass sich Leute nicht eingestehen können, wenn sie Angst haben, das sollte unter Reitern, deren Sport nun mal gefährlich ist, definitiv möglich sein.
Noch trauriger ist es aber, wenn sie sich in ihrer Angst suhlen und gar nicht versuchen, aus diesem Kreislauf herauszukommen, weil es doch viel bequemer ist Angst zu haben und das, was einem Angst macht zu vermeiden.
Natürlich kann man manche Dinge seinlassen – es muss ja nicht jeder Reiter auf der Welt Springreiter oder Rennreiter werden, wenn das mal daneben gegangen ist. Aber deswegen gänzlich aufs Reiten zu verzichten? Ne. Das kommt ja gar nicht in die Tüte. Und selbst wenn das mit dem Reiten gar nicht mehr funktioniert – könnte man dann nicht auch auf Kutsche umschulen? Geht ja schließlich auch.
Ne, Angstreiter wollen das nicht hören. Die haben lieber weiter Angst. In die Halle? Ne, ist heute windig, das geht nicht. Auf den Platz dann auch nicht. Weil da raschelt es. Und raus schon gleich dreimal nicht. Da wird das Pferd dann in der Box gelassen, damit hat es sich das dann auch. Macht man das nur lang genug, kann man wegen schlechter Bemuskelung sowieso nicht mehr reiten und hat dann gleich eine neue Ausrede.
Versteh ich nicht. Wirklich nicht. Ich war ein halbes Jahr außer Gefecht, wo der Todesstern mit mir umgefallen ist, ich hatte wirklich Angst vor dem Galopp (denn es ist ja im Galopp passiert) und wenn mich meine Reitlehrerin genötigt hat, endlich anzugaloppieren, wäre ich am liebsten heulend abgestiegen. Im Kopf hatte ich ein faszinierendes Szenario, wie sie nicht nur mit mir stürzt, sondern noch beim Aufstehen auf mein ungeschütztes Gesicht tritt und mich so richtiggehend zermatscht. Ja, ich habe einen Faible für Dramatik und Splatter, auch beim Kopfkino.
Habe mir angewöhnt, das ins Lächerliche zu ziehen, ähnlich wie einen Michael Bay Film. Da explodiert dann der Pferdehuf, irgendwer läuft cool von der Explosion weg, ohne sich umzugucken und am Ende kommt Shia LaBEouf und ein Transformer ins Bild – was ich beides unsagbar albern und blöd finde. Dann wird die Angst sehr schnell weniger.
Bietet man Angstreitern Hilfe an (soll ich dir dein Pferd abreiten, soll ich dir sagen, was ich gegen meine Angst getan habe … etc.), winken sie ab, werden sogar teilweise böse, dass man ihre schreckliche Angst vor dem Galopp mit meiner billigen Angst damals vor dem Galopp ja wohl GAR nicht vergleichen könnte. Ah … ja, wo war noch gleich der Unterschied?
Immer im Glauben, die eigene Angst wäre nicht nur schlimmer, sie ist auch wichtiger!
Lieber noch in 20 Facebookgruppen bedauern lassen, dass man dolle Angst hat und dass jeder Verständnis für sie haben muss. Darin dann ein bisschen suhlen und am nächsten Tag in den Stall. Um dann wieder nichts zu tun, weil man ja Angst hat. Gratulation. Konfliktlösung und Angstbewältigung ist echt aus der Mode gekommen.
Damit kriegt man ja auch nicht so viele Dutzi Dutzi Kommentare auf Facebook.
Foto: Hat auch Angst. Vor hässlichen Schibbi-Schabbis