Die eigene Wichtigkeit ist vor allem bei Reitern omnipräsent. Das kann nicht nur hier auf Facebook wahnsinnig anstrengend sein, sondern auch im Stall, wenn man selbst etwas will, oder einfach nur Achtung einfordert, weil man atmet.
Auf Facebook kann man das noch wegklicken. Im Stall aber nicht.
Facebookreiter sind halt anstrengend. Die kommen grundsätzlich mit Argumenten wie: „Ich reite schon dies … oder jenes! Ich weiß, wie das geht.“ – falls gerade eine Diskussion herrscht. Damit man auch Respekt hat. Oder „Ich kenne ABC und reite bei XYZ – ich muss das ja wohl wissen!“ Nicht zuletzt verwöhnen sie unsere Augen dann noch mit Anekdoten, wo sie ausschließlich richtig toll dastehen, mit Vorliebe auf ihren Seiten. Da gibt es keine Geschichten, wo sie mal was gelernt haben, oder wo was nicht geklappt hat und es deswegen lustig war – nein, grundsätzlich wollen sie sich immer überlegen und besonders toll darstellen – die weltbestesten Menschen. Fehler machen die nicht. Nein, nein. Und überhaupt, wer bist du lästiger Bittsteller, dass du nicht alles beklatschst?
Im Stall wird es dann echt Hardcore, denn da müssen wir lauschen, ob wir wollen oder nicht, wenn wir uns nicht gerade Ohrstöpsel reinstecken, wenn die tollsten Menschen der Welt um die Ecke kommen und uns erzählen möchten, wie ihr letztes Turnier abgelaufen ist. Das geht auch nie ohne Geläster. Man war ja schließlich viel besser platziert als Dressurtrulla A. Die lernt es ja nie. Kennt man ja, hat ja auch kein so tolles Pferd wie Nervbolzen. Und reitet auch nicht bei ABC. Das kann ja nichts werden, die will sich ja auch nicht weiterbilden, Frau Nervbolzen ist halt einfach die Besteste!
So labert die einen schon am Putzplatz zu. Geht man dann weiter zur Halle, ist sie aber noch nicht fertig, sie hat sich ja erst in Fahrt geredet. Da geht es dann weiter, plötzlich kann sie auch in Lichtgeschwindigkeit ihr Pferd putzen und satteln, nur damit sie mir weiter ein Ohr abkauen kann, obwohl ich nur so Dinge wie: „Oho, aha, soso“, beisteuere. Noch desinteressierter KANN man kaum wirken.
In der Halle geht es prompt weiter. Wie teuer der neue Sattel war, weil sie will ihrem Pferd ja was bieten, ist ja schlimm, wenn andere nicht 3000 Euro für ihren Sattel ausgeben. Alles Tierquäler. Ich merke nicht an, dass man keinen Sattel für 3000 Euro braucht. Das würde suggerieren, ich hätte Interesse an ihrem Gewäsch.
Stelle mir die Steigbügel ein und mache mich ans losreiten, aber ihr toller Dressurgaul ist gleich wieder bei mir, der hat ja sooooo einen schönen Schritt. Wurde auf dem Turnier auch wieder gelobt. Das erzählt sie mir haarklein, zitiert aus dem Protokoll und das bereits zum vierten Mal, seitdem ich in ihrer Nähe bin.
Dann erzählt sie weiter. Haarklein, wie die Prüfung gelaufen ist und was sie anhatte und was andere anhatten. Wie schlimm das nur aussah! Laut ihren Erzählungen sind die Outfits der anderen in etwa so skandalträchtig gewesen, als wären die in SS Uniformen geritten. Wahrscheinlich wäre sogar die Hakenkreuzschabracke ein weniger schlimmer Verstoß gegen die Etikette, als eine Schibbi-Schabbi aus der vorletzten Kolli.
Sie wechselt das Thema. Wahrscheinlich weil sie mit einem Blick auf mein Outfit (Sailor Moon T-Shirt und Schibbi-Schabbi in Blau) merkt, dass es Perlen vor die Säue ist. Jetzt dreht sich wieder alles um sie. Was ihr die Leute für Pferde anbieten, oder welche Pferde sie reiten durfte, weil sie einfach so unendlich toll ist, dass ich quasi froh sein muss, mich in ihrem Glanz ein bisschen zu ruhmsonnen.
Sonnen ist ein gutes Stichwort. Ich gehe auf den Platz. Mit knappem Gruß. Dahin folgt sie mir dann nicht mehr. Weil das tolle Turnierpferd vor allem toll in der Halle geht, aber leider nicht einmal aus dem Stalltor.
Foto: So würde Mozart übrigens aussehen, wenn er einen guten Körper hätte
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Photoshop und Morwen Fotografie sei gedankt!