Meine erste Zusammenkunft mit einem Rennarschlochpferd war … interessant. Ich hatte nämlich nicht miteinkalkuliert, dass so ein Rennarschlochpferd alles das macht, was das gewöhnliche Arschlochpferd tut. Nur viel schneller. Also eher zum abgewöhnen und nie wieder kommen.

Es ist fünf Uhr, ich bin bereits am misten und als ich damit fertig bin, darf ich auch meinen Namen auf der Lottafel wiederfinden. Rennreiter müssen ja quasi ohne Navi und verbale Hilfestellung auskommen (was fies ist, wenn gefühlt alle Pferde dunkelbraun sind und in einem Stalltrakt stehen, der dann auch mal über 100 Pferde fasst).
Per Ausschlussverfahren und dann doch mit Hilfe finde ich mein Lot. Eine Stute … schwarz. Schlecht gelaunt. Stern auf dem Kopf. Leichter Hang zum ramsigen … Habe ein Déjà-vu. Die sieht ja aus wie der Todesstern mit Vollblutkörper!
Schön! Das kenn ich, das kann ich. Denke ich jedenfalls. Ich sattle unter den Augen der Futtermeisterin, die mir den Gang auf die Bahn verweigert. Beim Rausgehen aus der Box erhasche ich einen Blick auf Namen und Alter. Den Namen mag ich hier nicht verraten, aber ich frage mich schon, seit wann Sexualpraktiken als Name durchgehen.
Zusätzlich stelle ich fest: Sie ist 3. Na, immerhin … nicht erst paar Tage unterm Sattel. Hatte trotzdem eher erwartet, dass man mich auf etwas setzt, das nicht gerade Derbyjahrgang ist, sondern Modell alter Hase. Nur so, damit man erst mal gucken kann.

Die Stute ist jetzt spontan freundlicher gestimmt. Die weiß ja, was jetzt kommt. Ich nicht! Es ist übrigens knallekalt, wir haben Winter.
Wir gehen in einen Roundpen, wo man meine Reitqualitäten abchecken möchte. Pferd an Longe, ich möchte aufsteigen, man wirft mich hoch, ich habe gerade ein Bein drüber, da steigt die Stute. Und die steigt nicht einfach so, ne, die steigt mich Hüpfern, Kopfschlackern und Taumeln. Ich höre, dass die Futtermeisterin brüllt: „Spring ab.“
Tue ich dann auch mal lieber. Im letzten Moment, denn die Stute befindet sich gerade im freien Fall rückwärts. Die Futtermeisterin lässt vor Schreck die Longe los, die Stute sieht es ganz genau und düst los. Wild buckelnd und pupsend. Dabei trötet sie wie eine kaputte Feuerwehrsirene und legt die Ohren an, als wäre der Todesstern leibhaftig in sie gefahren.

Das macht sie ungefähr zehn Minuten, dann hört sie auf. Trabt fröhlich neben mich, bleibt stehen, stubst mich an und sagt quasi: „So. Was machen wir jetzt?“
Ich werfe ihr nur einen SEHR bösen Blick zu und die Futtermeisterin sagt: „Hm, ja, die hat das letzte Woche auch schon gemacht.“
Die Sexualpraktik und ich gehen unsere Runden also jetzt erst mal in der Halle drehen, wo sie wirklich nett ist. Außer an der Hallentür. Die könnte ja eventuell eine Startmaschine sein, man muss also erst kurz stehenbleiben und dann lossprinten. Gehört sich so. Beim Knigge für Rennpferde.

Am nächsten Tag bekomme ich die Sexualpraktik wieder aufs Auge gedrückt. Sie macht dasselbe Spiel wieder. Ich gehe in die Halle, sie ist lieb.
Am dritten Tag wird mir das zu blöd und ich frage nach einer Longe. Was ich denn jetzt damit will, ich soll doch auf dem Pferd sein. Ja, aber erst nachdem die sich ausgetobt hat. Stute tobt fünf Minuten … und dann darf ich auch mit auf die Bahn, aber langsam.
Ich denke, dass ich auf der sicheren Seite bin. Falsch. Beim abspringen (ich bin hinten) mäht sie buckelnd eine Schneise durch das Lot, sodass drei Arbeitsreiter runterfallen und beißt sich auf dem Gebiss fest. Nachdem ich zwei Runden gedreht hab, bleibt sie irgendwann stehen und trottelt fröhlich zum Stall zurück.

Ich bin sehr kritisch gestimmt am nächsten Tag, als ich Madame natürlich schon WIEDER habe. Mit ihrer nervigen Vehemenz habe ich nämlich nicht gerechnet. Aber plötzlich ist die so brav. Das kommt mir spanisch vor. Ja, regelrecht lammfromm. Auch unsere Runde ist so … ungewohnt ereignislos, dass ich mich frage, ob ich nicht auf dem falschen Pferd sitze.
Frage nach: „Was habt ihr denn mit dem Pferd gemacht?“
„Nix.“
„Die ist so nett.“
„Ja, die musste sich nur mal bisschen auslaufen.“
„Aber die steht doch auf der Weide.“
„Ja … aber die ist schon paar Wochen nicht mehr galoppieren gewesen!“

Nächstes Mal hätte ich dann bitte gerne dazu eine kleine Notiz! Morsezeichen … IRGENDWAS!

Foto: Auf die Idee käme er zum Glück nicht.