Dialog mit meinem Arzt, als ich noch aktiv beruflich Rennpferde geritten bin an Termin 1. Ich beklage mich über Schmerzen in den Knien. Ich bin jung, das sollte ich eigentlich nicht haben, jedenfalls nicht im rechten Knie.
Arzt: „Ach, stellen Sie sich nicht so an, Sie haben einfach zu kurze Sehnen, das kommt, wenn man nur im Büro sitzt und keinen Sport macht.“
Ich: „Gucken Sie noch mal auf die Karte, die ich ausgefüllt habe. Sagen Sie es dann noch mal.“
Arzt: „Hm … ach, Sie reiten. Ja, das ist ja kein Sport.“
Hm. Meine Fußballerwaden und die Andeutungen in Richtung Sixpack sind also total unsportlich.
Na, gut, dann ist das halt kein Sport.
Dialog mit meinem Arzt an Termin 2, nachdem ich eine Lebensmittelvergiftung hatte und gerade auf dem Weg zur Besserung bin.
Arzt: „Ja, sieht soweit gut aus, das wird jetzt wieder. Sie müssen gut essen, aber bitte noch keinen Sport machen.“
Ich: „Also darf ich arbeiten.“
Arzt: „Ja, wenn Sie da nichts Anstrengendes machen?“
Ich: „Na, ich reite. Das ist kein Sport. Haben Sie selbst gesagt.“
Arzt: „Ne, also so was dürfen Sie aber nicht machen.“
Ja, was denn nun?
Wenn nicht mal Ärzte Reiten als Sport wahrnehmen, wie sollen es dann generell Nichtreiter? Denn man sitzt ja bei diesem Sport. Und sitzen ist automatisch nicht anstrengend, das Pferd macht doch die ganze Arbeit. Jetzt mal davon ab, möchte ich manch einen ja mal sehen, wenn er meine Arbeit macht. Mein Pferd trinkt nicht aus der Wassertränke. Dafür ist er sich zu fein. Ergo ist Eimer schleppen angesagt. Sowohl für mich, als auch meinen Stallbesitzer, der mir das oft genug abnimmt. Dann misten. Auch jeden Tag.
Ich schleppe Sättel, die einige Kilos wiegen, ich trage Sachen herum, manchmal auch den Kopf meines Pferdes, wenn er meint, er ist zu faul den selbst zu tragen.
Wisst ihr Nichtreiter eigentlich, warum Reiten so aussieht, als wenn es kein Sport ist? Weil das der Sinn der Sache ist. Wenn man jemanden auf dem Pferd sieht, der ganz viel macht, dann macht er auch ganz viel falsch. Hilfen sollen minimalistisch sein. Wer wild fuchtelnd auf seinem Pferd sitzt, sieht zwar schwer sportlich aus, aber bei Synchronschwimmen sagt ja auch keiner, die sollen sich mal mehr bewegen. Ist ja nicht der Sinn davon. Übrigens habe ich beim Synchronschwimmen auch noch nicht gehört, dass das kein Sport wäre.
Und trotzdem ist es gar nicht so einfach es unangestrengt aussehen zu lassen. Hat was mit Körperspannung zu tun. Ja, man ist sogar nach dem sogenannten rumsitzen K.O. Selbst wenn man es falsch macht. Immer wieder lustig japsende Nichtreiter nach drei Runden scheiße Sitzen vom Pferd zu ziehen und zu fragen, warum die denn so rot im Gesicht sind.
Und dann will man auch noch mehrere Dinge auf einmal. Kreuz anspannen, die Ferse muss tief, aber weitertreiben. Die innere Hand vor, außen Parade, nicht auf die Schulter schauen … was soll das werden? Ja, Reiten erfordert auch noch, dass man viele Dinge gleichzeitig macht. Ich meine jetzt nicht so was wie atmen, laufen und einen Ball treten oder einen Schläger schwingen. Sondern Dinge, die man intuitiv so gar nicht macht, schon mal gar nicht, wenn man gerade völlig angestrengt ist und lieber seine arme einfach lang herunter hängen lassen möchte.
Mein Arzt staunt auch immer über meine Muskulatur im Lendenbereich. Woher die nur kommt? „Gut, dass Sie die haben, sonst hätten Sie viel mehr Probleme. Aber Sie sollten auch mal Sport machen.“
Ach … die sind über Nacht gewachsen? Richtiger Zaubersport, diese Reiterei.
Foto: Pony fangen verbrennt übrigens auch Kalorien.