Reiter haben ein Problem. Die sind einfach nie zufrieden. Sie bilden sich Probleme ein, die es nicht gibt, steigern sich in andererleuts Sachen hinein und am Ende waren sie keine fünf Minuten am Tag mal ausgeglichen und zufrieden. Das ist schade, denn eigentlich sollte man ja meinen, dass Reiten ein ausgleichendes und entspanntes Hobby ist. Doof nur, dass der Reiter ständig auf der Hut ist hier was zu meckern hat und da ständig an seinem eigenen Tun Fehler sucht. Kann der nicht einfach f…ing normal sein?
Nein! Kann er nicht. Zunächst mal ist er ja in ständiger Sorge. Wir wissen ja: Handelsübliche Pferde sterben schneller als Kaninchen und sie sterben auch an allem: Weil sie gefressen haben, weil sie nicht gefressen haben, weil sie zu viel gefressen haben, usw. Sie sterben also schnell. Daher gehen wir in Gedanken auch ständig Dinge durch wie: “Habe ich die Mistgabel aus dem Paddock geräumt? Das Pferd könnte reintreten”. Haben wir einen besonders paranoiden Tag, rufen wir Leute an, die uns sagen können ob wir die Mistgabel weggeräumt haben.
So … nu können wir aber doch entspannt was anderes machen, oder? Nein, jetzt überlegen wir ein bisschen, warum die letzten Tage der Wurm drin war.
Auch beliebt: Wir kritteln dann an uns selber herum, wenn wir zuvor zwei Tierärzte, drei Schamanen und ein Einhorn, das keins war, bestellt haben und nichts gefunden wird außer der Tatsache, dass der Tierarzt bitte nicht mehr von uns angerufen werden möchte. So, jetzt wird aber an uns gemeckert. Wahlweise natürlich auch an den drei Schamanen und zwei Tierärzten, die ihre Zulassung und Qualifikation sowieso nur im Lotto gewonnen haben. Gerne wird auch gegoogelt, ob man was “Schlimmes” über die im Internet findet, was irgendwie bestätigt: Du hast recht, der Tierarzt nicht.
Aber Moment, wir waren ja auch noch an uns selber dran. Wir reiten scheiße, überhaupt, dem Pferd geht es mit uns gar nicht gut und wir brauchen dringend neue Impulse. Gerne zweimal in der Woche, damit alle Beteiligten so richtig schön verwirrt sind. Außerdem fragen wir uns in stillen Momenten, wieso wir ausgerechnet dieses Pferd gekauft haben, das wäre doch sicher mit anderen Leuten glücklicher. Ja, wir bemitleiden uns dann so richtig. Manchmal sind wir sogar so wild uns in Pferdegruppen bestätigen zu lassen, dass alles scheiße ist. Dann geht es unserem armen Seelchen zwar nicht besser, aber wir können herzzerreißend jammern und schniefen. Natürlich nur im Kabuff, eigentlich sind wir ja cool.
Wenn wir denn mal nichts an uns, an unserem Pferd, seinem vermeintlich schlechten Gesundheitszustand oder am Stall was zu meckern haben, DANN fangen wir an bei anderen zu meckern. Haste die gesehen? Warum hat sie sich denn ein Sidepull gekauft? Die weiß ja gar nicht damit umzugehen. Oder das Pferd da: Trainiert die überhaupt irgendwas? Furchtbar. Aber hey, wir haben halt gerade nichts an uns zu meckern. Das ist doch dämlich. Macht auch gar keinen Spaß. Lieber was finden, was einen unzufrieden macht. Gerne auch bei anderen.
Am liebsten werden übrigens Investitionen begutachtet. “Warum hat die sich die teure Schabracke gekauft? Braucht man das?” Oder: “Pfff … und den Stirnriemen hat die geschenkt bekommen? Mann, die nimmt auch alles.”
Dabei kriegen wir doch auch selbst gerne was geschenkt und haben auch mal gerne was Extravagantes. Ist doch nicht schlimm. Wieso ist es das dann plötzlich bei anderen?
Deswegen appelliere ich für mehr Zufriedenheit beim Reiten. Einfach mal nicht darüber nachdenken, was jetzt alles schon wieder in unserem Kopf scheiße gelaufen ist. Die anderen Leute ausblenden. Bisschen an den Weiderand setzen und gar nichts tun. Das hilft ungemein, wenn man mal wieder so unzufrieden ist, dass alles nervt. Mal nicht ständig kritteln – auch nicht an sich selber. Einfach chillen. Und wenn das nicht hilft … dann einen Stall suchen, der irgendwo in der Nähe des nächsten Drogenmilieus ist. Was zum Kiffen hilft dann natürlich auch noch, damit der Reiter ENDLICH den Schnabel hält und sein Hobby mal genießt. Alternativ tut es auch ne Schaufel. Auf den Kopf.
Foto: Chillt auch gerade