Ich habe einen Hang dazu, Pferde zu nehmen, die sonst eher niemand so haben möchte. Weil sie irgendwie komisch sind. Primär könnte man aber sagen: Die fremdeln halt alle am Anfang. Das sind eben nicht so die Strahlemänner, die jeden Reiter akzeptieren und nichts hinterfragen, sondern die, die sich denken: Sag mal, meinst du das jetzt ernst? Ich habe ein Vetorecht und ich mache davon Gebrauch.
Manche reden da was von: „Kluges Pferd.“ Oder: „Kann halt nicht jeder.“
Aber das nützt einem überhaupt nichts, wenn man mit seinem Pferd, seiner Reitbeteiligung oder seinem Pflegepferd kämpft und andere Leute einfach losreiten dürfen. Da schielt man neidisch rüber und denkt sich: Warum geht das bei mir nicht?

Tja … Gucken wir also mal zur Nachbarin. Die hat sich ein nettes neues Pony gekauft. Ach, was ist der goldig. Guckt immer, wenn man ihn ruft. Schmust gleich, pennt weg, wenn man ihn putzt. Mann, was ist der Zucker. Der fremde Stall macht ihm auch nicht so Angst, er durfte ja jetzt erst mal zwei Wochen chillen und gucken. Und wie die beiden da so stehen, hat man die schöne Gewissheit: Die sind zum Kotzen glücklich, die pupsen gleich Schmetterlinge um die Wette. Ist das nicht schön? Jaja, doch. Für die vielleicht.

Gucken wir mich an. Ich hab da also diesen Fuchs. Den Fuchsi habe ich mir nicht ausgesucht, den hat Trainer mir am ersten Tag aufs Auge gedrückt. Ich habe keine Wahl, ich mache das beruflich. Der Fuchsi ist schon länger da, nur ich bin neu. Keiner mag den besonders. Der macht jetzt nichts Schlimmes. Aber auch nix Tolles. Und soll nur traben, der wächst gerade.
Ich gehe also mit ihm in die Halle, trabe meine Runden, der Fuchs rumpelt wie eine Tüte Eiskonfekt im Kinderbuggy und ist auch sonst eher so … mies. Ich steige ab und denke mir: „Na, den mag ich aber nicht so.“
Und der Fuchsi hat sich wahrscheinlich gedacht: „Blablablabla.“ Ich bezweifle, dass da irgendwas je in seinem Hirn passiert ist. Prädikat: Bisschen doof.
Der kommt nicht freudestrahlend angaloppiert. Der wiehert auch nicht. Ja, der dreht sich nicht mal um, wenn ich zur Box komme, um ihn zu bespaßen. Den Kopf dreht er weg, wenn ich aufhalftern will und die Hufe gibt er auch nicht. Aus Prinzip. Weil ich ihn unsittlich berühre oder so. Die Show zieht er volle drei Monate ab. Er wartet nicht, bis ich aufgestiegen bin, er geht nicht an Hindernissen vorbei, er will nicht durchs Hallentor.
Er fremdelt also. Fuchsi findet einfach, dass man nicht jeder dahergelaufenen Trulla hinterherdackeln muss, dass man nicht an jedem fiesen Schatten vorbeigeht und schon mal gar nicht mit fremden Frauen allein in dunkle Hallen latscht. Da hat er wohl Geschichten gehört.
Seine kleinen Wurstohren stehen auf Durchzug und er möchte ums verrecken nicht, dass ich ihm psychisch irgendwie nahe komme. Weil ich fremd bin. Dabei ist er trotzdem aufgeschlossen und nie fies. Aber man merkt: Diese beiden gehören nicht zusammen.

Nicht so wie die glückselige Ponypupserin, die jetzt schon zu Miss Seelenpferd 2007 gekürt wurde. Während ich an meinem Fuchsi hänge und versuche, ihn davon abzuhalten, in den Misthaufen zu springen. Oder er mal wieder über seine Füße fällt und es nicht für nötig hält, danach wieder aufzustehen.
Neidisch seh ich all die Seelenpferde bei den anderen. Da klappt das alles. Bei uns nicht. Kurz überlege ich, dass es das auch nicht muss – immerhin bin ich Arbeitsreiter. Und zu machen Pferden baue auch ich keine Beziehung auf. Aber den Fuchsi möchte ich irgendwie überzeugen. Weiß nicht warum. Irgendetwas flüstert also: Du musst das kleine rote Ding mit den Wurstohren liebhaben. Du musst! Du hast keine anderen Optionen.
Während beim Fuchsi immer noch: „Blablabla“ ankommt. Bis ich eines Tages an der Boxe stehe und der Fuchsi mich anguckt.
Einfach so. Kein Hintern. Überlege kurz, ob ich das falsche Pferd habe. Aber Fuchsi guckt raus, streckt mir die Nase hin und sagt quasi: „Halfter!“
Auch sonst ist er plötzlich ganz interessiert. Einfach so. Da war nichts, was uns „zusammengeschweißt“ hat. Er hat nur beschlossen, dass ich jetzt nicht mehr fremd bin. Das war dann auch schon alles.

Denn manche Pferde … ja, die fremdeln massiv. Sie haben sich uns schließlich nicht ausgesucht. Sondern wir sie. Vielleicht finden sie uns am Anfang sogar richtig doof. Wer weiß das schon? Aber wenn man sie fair behandelt, kann man sie trotzdem um den Finger wickeln. Es braucht dann nur viel länger als bei Pupsi, dem popeligen Poppenburger. Und wisst ihr was? Das ist völlig okay. Meiner hat ein halbes Jahr gebraucht, um überhaupt Begeisterung für mich zu heucheln. Das ist gar nicht schlimm. Schlimm ist es nur dann, wenn man sich immer nach anderen Pferd und Reiterpaaren umguckt und dadurch unglücklich wird.

Foto: Kann gut Begeisterung heucheln.
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