Irgendwann einmal, vielleicht stands in der Cavallo, oder irgendeiner Pferdezeitschrift, die ein paar meiner damaligen Mitreiter abonniert hatten, muss da was von Schrecktraining dringestanden haben. Denn ganz plötzlich tuschelten alle Leute um mich herum, dass man doch bitte mal Schrecktraining in unserer Reitstunde machen sollte. Warum genau, kann ich nicht mal sagen, weil die zur Hälfte aus mehr als nur unerschrockenen Schulpferden bestand, aber zwei Nervöschen waren natürlich auch dabei … wobei die jetzt auch nicht unhändelbar ohne eine große Portion Schrecktraining waren. Nur einfach bisschen sensibler, als das gemeine Schulpferd. Lieber weniger Bein, dafür mehr Stimme, wenn man nicht wie ein D-Zug durch die Halle düsen wollte.

Trotzdem lag die halbe Reitgruppe meiner Reitlehrerin in den Ohren: „Wir wollen mal Schrecktraining machen“. Als sie genug genervt hatten, war es dann plötzlich auch so weit. Und glaubt mir … ICH wollte das nicht. Ich habe einen Todesstern. Die erschreckt sich nicht – die erschreckt die anderen. Ich glaube, ich habe noch nie gesehen, dass die sich vor etwas fürchtet. Über all die Jahre, die ich mit ihr zu tun hatte.

Ich bin nun also in der Halle. Mit fünf Mitreitern. Nervöschen 1 und 2 sind wie Pat und Patterchen, die rennen da halt rum. Schulpferd 1 und 2 sind ebenfalls da. Und ich. Mit einer Ausgeburt an schlechter Laune, die ist heute richtig frackig. Eventuell weil jemand eine blaue Plane zwischen zwei Stangen gelegt hat. Es sind Stangen – mag sie. Es ist aber auch etwas, das sie nicht kennt: Todesstern wäre das ideale PEGIDA Mitglied: Erst hassen, dann fragen. Macht ja auch viel Spaß.
Wir beginnen also und wärmen die Pferde auf und dann gehen Schulpferd 1 und 2 auch über die Plane. Nervöschen 1 nicht. Uhhh, nein, gar nicht. Die stellt sich lieber auf zwei Beine und macht Sackhüpfen.
„Geh mal vor“, sagt meine Reitlehrerin. Hat die getrunken? Todesstern + Pferd hinter ihr = Pearl Harbour.

Ist aber zu spät. Ich reite auf die Plane zu, während meine Reitlehrerin ein paar Luftballons in der Ecke aufpustet. Dem Todesstern geht das Geknister auf den Keks, also versucht sie, während wir über die Plane reiten, hineinzubeißen. Was nicht so einfach ist, wenn man eigentlich lieber wie eine Giraffe läuft. Allerdings kann die zum Glück auch nur eine Sache gleichzeitig hassen und vergisst das Nervöschen hinter ihr, das sich spontan anschließt.
Puh … gerade noch mal gut gegangen.
Dafür rastet Nervöschen 2 aus, weil meine Reitlehrerin einen auf Kindergeburtstag mit den Ballons macht und auch sehr wenig Talent dafür hat, einer der Luftballons flutscht ihr samt Pupsgeräusch davon. Alle Pferde gucken interessiert hinterher (nur der Todesstern nicht, die fragt sich, ob das pupsende bunte Ding essbar ist). Die Nervöschen jedenfalls kennen beide kein Halten mehr und galoppieren sich schon mal panisch warm. Hilfe.

Wir werden also noch mal über die Plane beordert. Und Schwimmnudeln dürfen wir auch noch durchreiten (Todesstern ist überfordert damit, in alle Schwimmnudeln gleichzeitig zu beißen). Aber wir dürfen immer noch nicht zu den Luftballons.
„So!“, ruft meine Reitlehrerin. „Jetzt mal Hans und Franz und Nervöschen 1 und 2 durch die Ballons.“
Ähm … ich bin auch noch da? Bleibe irgendwann verwirrt in der Mitte stehen und gucke dem Rest zu. Da sagt meine Reitlehrerin doch glatt: „Kannst jetzt Feierabend machen und trocken reiten.“
Hä?

Die anderen reiten durch die Schwimmnudeln davon und ich halte mal kurz an der Tür. „Warum darf ich nicht durch die Ballons?“
„Ach, besser nicht. Die lässt nachher die Ballons platzen und dann rastet hier die halbe Halle aus.“
Pff … geh ich halt in die andere Halle zum Trockenreiten. Wieso darf ich denn nicht mitmachen? Die ist doch brav und hat vor nix Angst. Okay, es ist ein bisschen überflüssig, weil sie sich halt für so was nicht interessiert. Aber gleich rauswerfen … Püh!
Es knallt aus der Nachbarhalle, ich höre galoppierenden Hufschlag, einen Schrei, dann Galopp auf Asphalt und ganz viele Füße auf Asphalt. Als ich über die Bande gucke, läuft meine Reitlehrerin gerade Nervöschen 1 und 2 hinterher, die aus der Halle geflüchtet sind. Ohne Reiter. Wo die wohl sein mögen?
Also mal ganz ehrlich … das hätte sie mit uns auch haben können.

Foto: Ach, lang ist’s her. Frisch beim Reitpferdemuskeln antrainieren.