Reiter haben es nicht so mit “verstehen” und “hören”. Das setze ich ganz bewusst in Anführungszeichen, weil das eben einfach nicht klappt. Kann man ruhig in Stein meisseln, vielleicht liegt es an den Pferdehaaren, die schon ins Hirn gedrungen sind. Sie vergessen alles, sie ignorieren alles und ich weiß eigentlich gar nicht, wie wir überhaupt existieren können (muss auch so ein Mysterium sein, Reiter können ja auch einen ganzen Parcours springen ohne zu atmen). Aber wo man jetzt denkt, es mit wohlkoordinierten Menschen zu tun zu haben, die außerdem multitaskingfähig sind, wird man schnell eines Besseren belehrt.
Zum Beispiel verstehen und denken. Gestern bat mich mein Stallbesitzer an Mozarts Impfpass zu denken, der Tierarzt kommt. Das ist ja nun echt eine Kleinigkeit. Nachricht lesen, verstehen, Impfpass in Tasche stecken und im Stall auspacken. Ich kann euch jetzt schon sagen, was passieren wird. Ich habe es gelesen, ich habe jetzt noch mal drüber nachgedacht, ich gehe aus dem Haus und im Best Case bin ich noch auf dem Weg zum Auto, wenn mir einfällt, dass ich den Impfpass nicht mitgenommen habe. Im Worst Case stehe ich vor dem Stalltor, im dümmsten Fall habe ich ihn nicht aus der Tasche genommen und fahre ihn wieder nach Hause. Und zwar mit völliger Selbstverständlichkeit.
Auch im Stall sind Reiter vollkommen unfähig zu hören und zu verstehen – und dann noch was umzusetzen. Vor allem bei unbequemen Dingen. “Kannst du bitte den Dreck von deinem Pferd wegfegen?” Also da hört es bei einigen Reitern völlig auf. Wahrscheinlich rennen in den Ställen Leute herum, die haben in ihrem Leben den Besen noch nicht benutzt. Weil es einfach durchs eine Ohr reingeht und durchs andere wieder raus. Mit einem: “Jaja”, auf den Lippen. Und sie meinen es auch genau so. Kehren? Macht der Pöbel vielleicht.
Andersherum wollen sie wirklich an manche Dinge denken und vergessen es. “Du, deine Gamaschen liegen noch vor deiner Box.” Ja, gut … liegen die halt bis zum Sankt Nimmerleinstag noch.
Außerdem hören sie schlecht. Oder sie hören vielmehr irgendwelche nicht vorhandenen Implikationen. Wenn man den Reiter fragt, ob sein Pferd auf der Weide war, spielt sich irgendein komischer innerer Monolog ab, bei dem dann nicht die Antwort “Ja” oder “Nein” herauskommt, sondern ein: “Ich bin kein Tierquäler, natürlich kommt mein Pferd auf die Weide.” Ja, gut … aber ich wollte doch nur fragen, ob du es schon draußen hattest, weil wir gleich düngen wollen und dein Pferd dann auf ne andere Weide muss …
Dann sind sie auch nicht fähig zu lesen. Lesen ist anstrengend, macht Falten und mindert bestimmt auch die Reitleistung. Besonders allergisch sind Reiter auf Turnieren auf die fiesen kleinen Buchstaben. So was wie: “Nur fünf Leute auf dem Abreiteplatz erlaubt”, stürzt die kommaphobe Reitertruppe mit der Buchstabenallergie schon in ein Dilemma. Verstehen sie nicht, lesen sie nicht, wollen sie nicht. Und dann sind die immer soooo überrascht, warum zum Teufel der Parcoursdienst sie bittet, sich wieder zu verpissen, wenn sie erst in drölf Stunden dran sind.
Auch auf Social Media sind sie begeistert mit “Nichtlesen” beschäftigt. Gucken Bildchen, raffen nicht, was sie sehen, aber Meinung haben sie ganz viel. Die muss dann in die Welt hinaus. Können sie es nicht auch so machen, wie sonst, wenn man sie bittet, im Stall etwas zu tun? Einfach nicken, vergessen und nie wieder dran denken? Das wäre so hilfreich …
Foto: Kann das auch perfekt!