Man erwartet als Reiter nicht, dass diese Art von Pferd einen so schnell heimsucht, wie sie das in heimischer Umgebung oftmals tut – vor allem dann natürlich, wenn man sich freiwillig für ein Arschlochpferd entschieden hat.
Am ersten Arbeitstag erwartet man zumindest eine gewisse Schonung, weil man ja erst mal lernen muss. Und das tut man ja nicht, wenn man nur Arschlochpferde aufs Auge gedrückt bekommt.
Weit gefehlt. Da steh ich also im Rennstall, habe keine Ahnung von Rennpferden (wirklich 0 – ich bin nicht mal auf die Idee gekommen, irgendetwas zu googeln, meine Bücher aufzuklappen, oder jemanden zu fragen) oder deren Training und bekomme so ein bisschen erklärt. Ich bekomme ein erfahrenes Pferd versichert man mir. Damit man sehen kann wie gut ich reite und ob alles klappt.
Entspanne mich. Für eine Weile. So ca. eine Zigarettenlänge. Dann stehe ich nämlich vor der Box eines schwarzen Ungetüms. Sieht aus wie das Monster. Nur in blütig. Gefällt mir, guckt auch nett, entspanne mich noch ein bisschen mehr, bis ich auf das Boxenschild schaue. Neben dem bescheuertsten Namen ever ist das Stütchen sagenhafte drei Jahre alt. Erfahren? Was? Machen die Witze?
Über den Namen kann ich ja noch hinweg sehen, nachdem ich davor einer Zweijährigen die Box gemacht habe, die ebenfalls einen total bekloppten Namen hatte.
Über das Alter nicht. Drumherum stehen auch deutlich ältere Semester. Na, jedenfalls wurstle ich so vor mich hin, Stute ist auch bis dahin sehr freundlich, werde von der Futtermeisterin gelobt, weil ich eine Decke öffnen kann (offenbar nicht selbstverständlich …)
Stute lässt sich problemlos in die Longierhalle führen. Wo ich an die Longe soll, was sowohl mich, als auch die Stute empört. Ich äußere meine Empörung nicht, weil man am ersten Arbeitstag nicht so herummucken sollte und die Stute äußerst sie beim Aufsteigen. Sie macht einen spontanen Rückwärtssalto und schmeißt sich hin. Ich mich auch – allerdings vorher. Na, das ist ja ein netter Empfang.
Frage, wo mein Fehler war, bekomme aber die Antwort, ne, die ist manchmal so. War gestern auch nicht auf der Bahn, nur auf der Koppel. Asso … ja … charmant.
Gurte im Stand dann nach und klettere noch mal drauf. Stute rast vorwärts und wickelt sich beinahe in die Longe ein. Ob man die nich abmachen könne, frage ich irgendwann. Sehe eh nichts mehr, die Runden in der Longierhalle werden nämlich immer schneller. Und rodeohafter. Habe einen Drehwurm und würde dann jetzt gerne auf die Bahn. Oder woanders hin. Hauptsache nicht mehr in diesem winzigen Räumchen, wo wir garantiert gleich auf der Nase liegen. Stute prustet und pupst. Findet das alles sehr witzig. Ich nicht.
Als ich raus darf, attestiert man mir super Reitkünste, weil ich nicht runter gefallen bin. Frage mich, ob mal jemand zugeschaut hat, ich bin doch nicht so verrückt und falle auf dem kleinen Raum runter! Die macht mich doch platt.
Darf nicht auf die Bahn, sondern in die Reithalle. Stute ist spontan triebig und würde jetzt gerne Richtung Weide oder Box. Hat ja jetzt auch genug getan. In der Halle hat sie keine Lust mehr. Ich auch nicht. Da sind wir uns wieder einig.
Ich behalte die Stute eine ganze Weile, während ich dort arbeite. Die findet buckeln total lustig und zeigt das auch in der Box, auf der Weide und unter dem Sattel. Wenn es Futter gibt, buckelt sie, wenn sie abspringt, buckelt sie, wenn sie auf der Weide herumdüst buckelt sie. Scheint auch aus Gummi zu sein, denn sie titscht dabei wie ein Flummi. Ich nenne sie fortan die Irre, weil ihr Name so schlimm ist. Und es passt.
Und nein: Die Stute ist kerngesund, der Rennstall hat sehr viele Weiden (schon seit Jahrzehnten) und da wird auch sonst nichts entgegen der landläufigen Meinung gequält. Außer unterbezahlte Reiter.
Foto: Zum Glück nicht mit der Irren verwandt. Manchmal trotzdem irre.