Reiter haben, sofern sie Turniere reiten, ein klares Feindbild. Das sind mitnichten die anderen Mitreiter, die einfach vielleicht besser sind als sie (oder auch nicht), sondern klipp und klar die Richter. Zumindest in Disziplinen, wo sich nichts mit Zeiten und Abwürfen regeln lässt.
Die wollen ihnen immer Böses! Immer nur motzen. Und sind auch wahre Sadisten, die können sich ja nichts schöneres vorstellen, als das ganze Wochenende in einem versifften Richterhäuschen zu sitzen und kleinen Mädchen schlechte Noten zu geben. Und was die eine Kohle haben! Denen geht es ja immer viel zu gut.
Und (meist Montags) geht es dann in Pferdegruppen so zu:
„Ich war gestern in Hintertupfingen auf dem Turnier. Habe eine A-Dressur und ein E-Stilspringen genannt. Voll asozial, im Springen nur eine 5,0 und in der Dressur bin ich ohne Wertung geblieben. Dabei sind andere viel schlechter geritten und die Siegerin war total scheiße, hat immer nur am Pferd rumgezogen!“
Na? So in etwa dürfte das doch jedem Bekannt sein. Und im Internet ja auch so leicht, sich da ein bisschen virtuell tätscheln zu lassen. Blöderweise zeigte die Dame im Springen keinen leichten Sitz, riegelte dem Pferd in der Schnute herum und in der Dressur ging das Tier nicht taktrein. Aber ja, das sind unbedingt die Richter schuld. Wer sonst? Die haben den Takt weggeguckt, die Schlingel.
Prompt wird nach Richternamen gefragt, damit wir auch ein hübsches Inquisitionskommando auf die Beine stellen können, denn so Richter müssen ja auch angeprangert werden!
Offensichtlich haben Reiter auch eine schwarze Liste und vermerken so was wie:
„Richter H hat meinen Sitz moniert – dabei sitze ich toll! = Richter H ist scheiße.“
„Richterin X hat gesagt, mein Rollback wäre gar keiner gewesen, die guckt nicht richtig = Richterin X ist scheiße.“
Und was nützt ihnen das am Ende, we
nn sie wieder auf Richter H und Richterin X treffen? Nix. Hui …
Und dann wird sich beschwert, wenn die Richter nicht das tun, was sie sollen – richten. Zu lasch, zu blöd, haben gar nicht geguckt, jammerjammerjammer …
Erinnere mich gut an mein kleines RAZ – die nettesten Richter im Umkreis, die lassen kleine Mädels doch nicht durchs Reitabzeichen fallen. Mit der Einstellung sind auch ein paar Leute ins Reitabzeichen gegangen – und durchgefallen. Nützt ja der netteste Richter nichts, wenn das Pferd beim Springen zu oft verweigert.
Wie empört man war – die lassen doch sonst jeden durch. Als hätte man ein Anrecht darauf …
Liebe Jammerlappen – ein Turnier bedeutet nicht, dass ihr euch toll fühlen könnt, und ein paar Schleifen für die Wand mit nach Hause nehmt. Es bedeutet, dass ihr euch dem Urteil der außenstehenden Person (Turnierrichter) stellen möchtet und euren Fortschritt überprüfen wollt. Also hört diesen Menschen mal ganz genau zu, die auch nach dem 40. Kind in der E-Dressur noch lächeln und euch eure Schwächen aufzeigen. Obwohl sie sich weitaus besseres für ihr Wochenende vorstellen können.
Don’t worry – die Kehrseite der Medaille folgt natürlich auch. Die Götterrichter warten schon.
Foto: Mit dem Halfter geht man nie verloren.