Wir Reiter beschweren uns ja gerne, dass wir von Nichtreitern als arrogant verschrien sind und uns für etwas Besseres halten. Das glaube ich nicht mal. Ich glaube nur, dass ein sehr großer Teil der Reiter keine grundsätzliche Erziehung in dem Thema: “Bitte”, “Danke” und generelle Höflichkeit hatte. Vielleicht waren die da halt gerade im Stall und haben diese Erziehungsstunde nicht mitbekommen. Weiß man nicht. Jedenfalls beobachte ich gerne Reiter, die sich ganz empört darüber wundern, warum kein Mensch ihnen mehr helfen möchte, oder wieso weshalb jetzt jemand plötzlich gar nicht mehr bereit ist, irgendetwas Nettes zu machen.

Das Highlight all dieser Kollektion an nicht vorhandener Erziehung ist seit Jahr und Tag: “Kannst du mein Pferd reinholen?”
Kein Bitte, kein: “Ich hol deins dann auch morgen dafür rein.” – ne, jeder Stall hat so eine Lady, die grundsätzlich versucht, irgendeinen Trottel dafür zu bekommen, der ihr Pferd abends reinholt. Dabei könnte sie das bequem selber machen, müsste halt nur dann am Stall abbiegen, statt zum Kinderturnen, oder wo auch immer die abends hingeht. Aber ne … ach, ist ja auch so weit bis zur Weide. Diese Dame holt garantiert niemals irgendein Pferd rein. Und sie wird sich auch nie anders revanchieren.
Leider hilft ihr trotzdem ständig jemand, weil irgendwie niemand der Arsch sein will, der das Pferd dann draußen stehen lässt, während ALLE anderen reingehen. Oh, ach ja … wehe dann vergisst noch jemand das Aufgetragene!Woah, dann ist Kirmes.

Die nächste auf unserer Liste ist die Leihhaus-Lady. Die leiht sich eben immer alles. Dass die überhaupt ein eigenes Pferd hat und sich nicht das auch noch leihen muss, wundert ja fast schon. Sie fragt an sich nett. Aber alles danach ist es dann nicht mehr. Denn will man das Geliehene zurückbekommen, tut sie so, als wolle man es ihren liebenden Armen entreißen. Fast, als würde sie sich besser um MEINE guten Zügel kümmern, als ich mich. Kunststück, sie reitet ja auch ständig damit. Weil ihre kaputt sind … seit hundert Jahren. Will man etwas von ihr geliehen haben, ist das spontan nicht möglich. Sie guckt auch gar nicht.
“Hast du vielleicht …”
“NEIN HAB ICH NICHT!”
“Du weißt doch gar nicht was …”
“EGAL HAB ICH NICHT!”

Dann kommt die nächste, die etwas von uns will. Und zwar hat sie keine Zeit mehr, sie würde gerne die frühere Reitstunde haben. Die hat man dooferweise selber. Also fragt sie. “Kann ich die Stunde vorziehen? Ich hab danach Yoga.”
“Hm … ich wollte eigentlich danach auch noch weg.”
“Da kann man ja wohl mal Rücksicht nehmen, ich brauch Yoga für den Rücken! Der ist kaputt! Und du hast die Stunde ja auch immer, das ist total unfair, du drängelst dich ständig vor. Wie egoistisch.”
Also gerade habe ich zwar noch überlegt, wie ich das zeitlich regle … aber jetzt? Lass mich kurz nachdenken: NEIN!
Wie schnell es von einer Frage, die man nicht sofort beantworten kann, zu einem unfreundlichen Anranzer wird, ist echt faszinierend. So schnell umschalten können wohl auch nur Reiter, die ja an schnelle Reaktionen ihrer Pferde gewöhnt sind.

Und dann gibt es noch den Blockwart. Der Blockwart möchte ständig etwas. In sich hat er recht. An sich nervt er, weil er das in einem Tonfall tut, als gehöre ihm alles. Und das tut es nie. Er möchte zum Beispiel so was hier: “Räum mal deine Äppel weg!” – Ja, ist richtig. Aber muss er das sagen, als ob er der Knastaufseher ist? Und vor allem, wenn man gerade einen Sattel, eine Trense, eine Longe und die Reitstiefel im Arm hat?
“Mach ich sofort, wenn ich fertig bin.” Pferd hat ja nun mal gerade erst geäppelt, während man das holen war.
“Ne, jetzt! Wenn das alle machen würden.” Was einen automatisch dazu verleitet, solche Sachen künftig aus Protest liegenzulassen, weil der Blockwart einem so derbe auf den Keks geht und er so unfreundlich ist, dass man jetzt schon keine Lust mehr auf ihn hat, obwohl man noch gar nicht im Stall angekommen ist.

Kennen die alle nicht den Spruch: Wer ficken will, muss freundlich sein?
Lässt sich auf Reiter durchaus erweitern:
Wer möchte, dass man sein Pferd reinholt, muss freundlich sein
Wer möchte, dass man ihm einen Schmiedetermin vereinbart muss freundlich sein
Und wer verdammt noch mal möchte, dass man ständig sein Pferd mitfüttert, mitbürstet oder mitnimmt, der muss nicht nur f…ing freundlich sein, sondern sollte schleunigst die Kohle rüberwachsen lassen. Das kostet nämlich!

Foto: Wartet auf besseres Wetter.