Trotz missglücktem Bodenarbeitskurs habe ich es ja immer wieder mal versucht. Notgedrungen, weil ich mich ohne vorherige Freiarbeit an manchen Tagen nicht auf den Todesstern wagen konnte. Man will schließlich nicht jeden Dienstag vom Pferd fallen.
Sonntags war immer mein Tag, Montags war in der Reitschule aber kein Schüler der Welt, nichtmal für Geld, dazu zu bewegen, seine Reitstunde auf dem Todesstern zu absolvieren. Das war ihre ganz schlimme Phase. Sie stand dann am Montag nur draußen. Und das hat ihr nicht gereicht. Vielleicht war das auch nur Kopfsache, jedenfalls bestand meine Reitlehrerin darauf: Mach was mit der, sonst mischt die alles auf.
Da geht man also in den Roundpen, mit sehr schlecht gelauntem Pferd („Was soll ich da?“) und steht dann etwas unschlüssig herum. Schritt außen herum ist ja schon ein Krampf.
Ich habe mir einen verlängerten Arm geholt, weil ich nicht lebensmüde bin. Und eine Stange. Der Todesstern mag Stangen. Leider hat sie die vor lauter Groll wegen Peitsche und Bodenarbeit allgemein noch nicht gesehen. Ohrenlos trottet sie um mich herum und überlegt sich schon mal, wie sie mir die Peitsche wegnehmen kann. Sie hasst mich gerade, das ist greifbar.
Ich lasse antraben, nicht ohne Diskussion und buckeln und der Todesstern tröddelt im Kreis. Ist ja auch ein Roundpen. Obwohl sie es selbst da schafft, Ecken einzubauen.
Spontan entdeckt sie die Stange, die Ohren klappen nach vorn und “huiiiii” – Todesstern springt. Jetzt merkt man auch, dass sie hin und hergerissen ist. Blöde Bodenarbeit mit blöder Peitsche … aber auch eine Stange. Also hasst sie mich gerade sehr fröhlich. Leider ist sie auch im Goldfischmodus, denn sobald die Stange hinter ihr liegt, hat sie die auch schon wieder vergessen. Außerdem möchte ich auch, dass sie sich erst ein bisschen warm macht. Also schiebe ich die Stange an den Rand.
Als ich mich umdrehe, ist das schwarze Monster stehengeblieben und guckt mich böse ab. Hast du das gerade wirklich gemacht? – Ja, habe ich. Ich merke schon, dass aus ihren Ohren Dampf kräuselt, aber ich werde abgelenkt, eine Bekannte kommt an den Roundpen.
“Ach, bist du wieder lebensmüde?”
“Ne, ne, das geht schon. Ist auch nicht schlimmer als sonst.”
“Willst du ein Eis? Ich hab Wassereis.”
“Och, ja, wenn du so fragst.”
Ich lege die Peitsche ab und warte, dass sie das Tor öffnet. Lasse mir ein Eis geben. Bekannte geht raus. Will das Tor schließen und es macht WUSCH – der Todesstern quetscht sich zwischendurch und läuft trompetend davon.
Erwähnte ich schon mal, dass der Stall groß ist? Groß genug, damit das nicht sofort jeder mitbekommt.
“Was war’n das jetzt?”, fragt meine Bekannte.
“Hab ihr die Stange weggenommen. War blöd.”
Mit Wassereis laufen wir mal nach oben. Irgendwo wird die schon sein. Wir hören Kinder weinen und dass nicht noch Fliegeralarm kommt, ist auch alles – hier sind wir richtig.
Todesstern steht hinter der großen Halle und grast. Ich kassiere sie sogar recht anstandslos ein, weil sie ein Auge auf mein Wassereis geworfen hat. Ja … gut … die hat sich dann jetzt ausgetobt. Ich putze kurz drüber, sattle schnell im Vorbeigehen und schwinke mich aufs Pferd.
In der Halle wartet meine Reitlehrerin.
“Hast du die auch bisschen ausgepowert?”
Ich überlege. “Ja.” Kann man so sagen.
“War die denn jetzt brav?”
Ich überlege etwas länger. “Nein.” Obwohl … jetzt vielleicht.
“Was hast’n du da?”
“Ein Wassereis.”
“Will ich wissen, was es damit auf sich hat?”
“Nein.”
Foto: Könnte gar nicht wegrennen, dafür ist er viel zu faul. Zum Glück. Hält sich ja auch selber fest.
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