Wir alle kennen ja die Leute, die uns immer versichern, dass ihr Hengst total lieb und toll ist, der deckt ja einmal im Jahr eine Stute und dann reicht ihm das auch, der geht genügsam mit seinen Trieben um und ist auch ein GANZ liebevoller. So im Deckakt. Frag mich immer, ob die das schon mal live gesehen haben. Liebevoll wäre jetzt nichts, was ich nutzen würde, um einen Hengst auf einer Stute zu beschreiben.
Diese Leute haben natürlich ihren Hengst am liebsten ohne Sicherheitsvorkehrungen auf der letzten Koppel des Stalls stehen und die brauchen auch gar nicht mehr Sicherheit oder Sozialisation für ihren Hengst, nein, die brauchen nur Prestige. Wir wissen doch alle, dass besonders die Hengsthalter so richtig tolle Schnallen sind.

Eine unserer Hengsthalterinnen war so eine Person. Ist sie wahrscheinlich immer noch, wohnt aber nicht mehr dort. Unsere andere Hengsthalterin hat einen riesigen Zaun gebaut, ihren Spanier total gut erzogen, der ging hohe Schule an der Hand und unterm Sattel und überhaupt … das war mal ein Hengst. Mit ihr war ich oft ausreiten und das war auch wirklich problemlos. Lange Zeit war ich nur solche Hengste gewöhnt, daher traf mich der Schlag, als die neue Hengstbesitzerin einzog.

Die drapierte ihren Hengst mit zwei uralten Stuten auf einer „Weide.“ Die hat sie selber umzäunt, denn sie hat den Teil gepachtet. Also umzäunt ist eigentlich auch schon das falsche Wort. Sie legte ein Seilchen auf den Boden und erklärte dem Hengst: Hier nicht drüber gehen. Wir wissen ja außerdem alle, dass uralte Stuten keine Fohlen mehr bekommen, daher sah sie das wohl als ungefährlich an. Denn Pferde kommen ja auch in die Wechseljahre und so.
Zwei Tage nach dem Einzug habe ich den Schimmel plötzlich bei mir in der Stallgasse stehen. Auf fünf Beinen, während er versuchte, die Omma anzugeilen. Na, wie kommt das nur? Leider lebt der Hengst so naturverbunden, dass er nicht mal ein Halfter trägt.

Versuche ihn zu verscheuchen, scheitere aber. Wie soll man dem jetzt auch erklären, dass das nicht geht? Mache mich auf die Suche nach der Besitzerin, nachdem ich Ommas Box luftdicht verschlossen habe. Der soll mir bloß wegbleiben. Besitzerin ist spontan verstorben, nicht da, was auch immer, die finde ich nicht und sie lässt sich auch nicht kontaktieren. Unser Futterlieferant verscheucht den Hengst schließlich sehr drastisch. Der macht kehrt und rennt auf die nächste Stallgasse zu. Geistesgegenwärtig schließt die jemand und der steht jetzt im Innenhof.

Wir schließen also alle Türen, kleben einen Zettel an mit: „Nicht rausgehen, Hengst läuft frei herum.“ Sollte doch jeder verstehen.
Wie der Buschfunk halt so zuverlässig falsch funktioniert, ist die einzige, die aufkreuzt, die andere Hengsthalterin, die verwirrt ist, weil sie ihren Hengst in der Box vorfindet.

Ein paar Mutige nähern sich unterdessen dem Hengst mit Halfter, aber der sieht das gar nicht ein und zeigt natürlich formvollendetes Steigen an der Hand … bzw. nicht an der Hand, denn ihn kann ja keiner an die Hand nehmen. Plötzlich taucht die Besitzerin auf. Kichert und sagt: „Ach, Flöckchen, bist du schon wieder ausgebüchst.“
Falte Frau Flöckchen zusammen. Die ist total entrüstet. „Ja, aber der hat doch nix gemacht!“
Ne, noch nicht! Aber der muss sicher nicht lose in der Stallgasse rumrennen, als wäre er die Stallkatze. Was hätte sie außerdem gemacht, wenn er sich verletzt hätte?
„Hmm …“, macht Frau Flöckchen.
Ja, hmm! Am Arsch!
Der Stallbesitzer wird hinzuzitiert und bittet darum, den Zaun höher zu machen, sonst würde er das tun – auf ihre Kosten.

Und was tut sie? Sie macht jetzt Strom drauf. Auf ihr runtergetretenes Seilchen. Das ist wirklich hilfreich mit einem Bändchen, das halb auf dem Boden hängt …
Drei Eskapaden später hat sich die Sache aber erledigt. Stallbesitzer hat ein Tor am Innenhof angebracht, das immer geschlossen sein muss. Jetzt kann der Hengst nur noch auf die Straße laufen. Vielleicht lernt sie es ja dann.

Foto: Wäre auch so gerne noch Hengst.