Seid ihr so jemand, der das Traumpferdchen hat, am besten selbst und schonend ausgebildet, total gut erzogen, hat nie etwas Schlechtes erlebt, einfach ein Träumchen eben? Ja? Außerdem seid ihr ein bisschen sehr von euch eingenommen und auch vollkommen davon überzeugt, dass nur euer Weg der Richtige ist? Dann ist dieser Post hier vermutlich nichts für euch und ich rate euch das Weite zu suchen.
Ich freue mich dennoch für euch – wirklich. Es ist toll, wenn man sich sein Traumpferd selbst zusammenbasteln kann, selbst die Dinge erarbeiten kann, um diese Leichtigkeit zu bekommen, die das Reiten so schön macht.
ABER: Lasst doch mal die Arschlochpferdreiter in Ruhe! Wir haben nämlich genau dieses Glück nicht, weil wir uns für ein Pferd entschieden haben, das sein Vorleben woanders verbracht hat. Wir wissen manchmal nicht, was es erlebt hat – umso schwieriger kann es für uns auch werden. Ich spreche jetzt gar nicht von geretteten Schlachtpferden, sondern einfach von der Tatsache, dass wir Dinge ausbaden müssen, die der Vorbesitzer nicht gelehrt oder verkackt hat auf gut Deutsch. Hat das Pferd Angst vor Traktoren, machen wir beinahe einen Abgang im Gelände, wir wissen nichts von der Tatsache, dürfen uns dann aber anhören: Ja, also ICH habe umfassendes Schrecktraining gemacht, dann würde das gar nicht passieren. Das ist ja auch ganz fein – aber ein als geländesicher gekauftes Pferd … hm, was sollte das wohl können?
Ihr kommt garantiert selber drauf. Wir fangen die Arbeit erst später an, wenn wir die Macken kennen. Macken, die eure Pferde nicht haben, weil sie darauf von euch vorbereitet wurden. Ihr Leben lang.
Hängertraining ist dabei auch so eine Sache. Wenn ich zur Klinik wegen eines Notfalls aufladen muss, dann muss auch das schwierige Pferd auf den Hänger. Da nützen schlaue Tipps wie: Da hätte ein tolles Hängertraining geholfen, überhaupt nichts. Pferde sind da wie Überraschungseier, wenn man sie nicht von klein auf hat. Und manchmal ist in dem gelben Nüppel einfach die Arschkarte.
Es hilft ebensowenig, dass ihr Traumpferdreiter uns sagt, wie böse Sporen und Peitsche sind. Vielleicht sind die Arschlochpferdreiter gerade in einer Phase, wo es nicht anders geht, weil das Pferd uns ignoriert oder sich gegen uns wendet – weil es das nie besser gelernt hat. Oder wir reiten gar nicht unsere eigenen Pferde – sind beruflich damit unterwegs, oder haben eine Reitebeteiligung und sind limitiert in dem, was wir nutzen dürfen. Es nützt gar nichts, wenn ihr dann auf eurem feinen Ross daherkommt, dass ja alles soooo toll macht und dann noch freche Sprüche drückt.
Wir arbeiten manchmal gar nicht auch an allen Macken. Weil wir mit manchen Dingen einfach leben müssen, denn eine permanente Konfrontation könnte üble Folgen haben … Das heißt aber nicht, dass wir auf Erziehung keinen Wert legen – unser Pferd muss vielleicht nur einfach nicht immer und überall stillhalten, weil andere Baustellen da sind, um die wir uns zuerst kümmern.
Seid dankbar dafür, dass ihr euch ein Pferd ausgesucht habt, das nicht alt genug war, um versaut zu werden oder unangenehme Eigenheiten zu entwickeln. Freut euch dran, schreibt darüber – aber bindet anderen Reitern nicht ständig auf die Nase was sie ja alles hätten besser machen sollen – obwohl sie in einem völlig anderen Stadium der Arbeit stecken. Schreibt anderen Reitern ihren Weg nicht vor, wie sie ihre Pferde behandeln, solange es nicht tierschutzrechtlich bedenklich ist.
Ps. Mein Pferd hat keine Angst vor Traktoren, geht ohne Sporen und Gerte und geht auch auf den Hänger – falls die eher aggressiven, belehrenden Traumpferdreiter jetzt noch über mir den Kotzekübel auskippen wollen.
Ich beobachte nur … und die Beobachtungen stammen so ziemlich alle aus der letzten Woche.
Foto: Er lauert auf dem Boden und beißt einfach jeden, der vorbeikommt.