Reiter sind fehlerlos. Die wissen immer alles, und wenn nicht, gibt es ja den Reitlehrer und blablabla und man wisse schließlich, wo man sich hin wenden müsste und man braucht ja sowieso immer den Tierarzt, den Sattler – kurzum – den Fachmann. EEEEK – Falsch. Reiter wissen nicht mal ansatzweise alles. Und sie machen ständig Fehler. Nennt sich lernen – Fehler klingt immer so negativ. Denn mitnichten sitzt im permanenten Umgang ein Reitlehrer, ein Pferdeprofi, ein Tierarzt oder sonst was dabei. Und den ruft man auch schon gar nicht ständig an, weil man nämlich schon ein großer Junge oder ein großes Mädchen ist, holt er nicht sofort die Kavallerie.
Mir zum Beispiel ist letztens was echt Dummes passiert. So ein richtiger Anfängerschrott, der einem nach über zwanzig Jahren Reiterei nicht passieren sollte. Mir ist mein Dummbatz abgehauen. Auf dem Weg zur Weide. Ich hab nicht schnell genug geschaltet, habe eine Sekunde losgelassen (weil zwei Pferde) und ab geht der Pimmelkopp. Mit Strick. Hinfort. Im wilden Galöppchen, und ich natürlich hinterher wie der letzte Seppel. Stinkwütend – trotzdem selber Schuld. Was soll man da machen, ne? Außer blöd hinterherlaufen. Bestrafen kann man ihn ja schlecht dafür. Bin erst Mal ne Weile dumm hinterhergelaufen. Man lässt sich ja nicht einfangen.
Da brauch ich auch keinen Reitlehrer fragen, keinen Tierarzt holen, keinen Bodenarbeitsheini – das war mein Fehler. Und ich habe ihn gemacht. Das war … doof. Ja. Darfste aber nicht sagen. Kommen direkt tausend Leute, die dir erklären, warum zum Teufel du jetzt diesen oder jenen Unterricht brauchst. Und warum du am Travers arbeitest, wenn du nicht mal dein Pferd auf die Weide bringen kannst – das KANN ja nur alles falsch sein.
Oder man macht einfach hin und wieder Fehler, weil das menschlich ist? Näääää, das ist uncool. So was gibt es nicht. Sieht man doch auf den Pferdeseiten mit den Wallakleidchen. Da ist immer alles toll und wenn irgendwas nicht perfekt ist, dann isses garantiert das Pferd, das hat nämlich ein Trauma und wurde gerettet. Und dann hat man ganz viel Verständnis dafür.
Wo ist das Verständnis für die Fehler des Reiters/ Halters? Nicht vorhanden. Oder auch für sein Nichtwissen. Vor ein paar Jahren zum Beispiel, da ist mir aufgefallen, dass mein Pferd sich den Huf leckt. Das hatte ich wirklich noch nie gesehen. Ein paar Tage ging das so. Pferd schleckte und schleckte. Wie ein Hund. Ich tastete ab, ich guckte mir an, ich machte Fotos – nichts. Das Pferd war dazu völlig normal und ritt sich wie ein junger Gott. Ergo – keinerlei Grund einen Tierarzt hinzuzuziehen. Doch – so kreischten ein paar Elsen, als ich wagte, diese Frage an andere Reiter zu stellen. Quasi Not-Op und sofort in die Klinik. Das Pferd ist des Todes. Und wie ich denn fragen könnte – ob ich nicht wisse, dass blablablabla … Wir kennen es.
Ein paar Tage später fand ich heraus, dass mein Pferd einen winzigen Katsch am Kronrand hatte, direkt zwischen Haut und Huf. Nicht mal einen Zentimeter lang. Und weil es draußen matschig war, setzte sich da schnell Schnodderwasser rein und es brannte vermutlich. Deswegen stand mein Pferd da und lüllerte seinen “Huf” an. Hatte ich noch nie gesehen. Und ich wette, so viele Reiter haben das auch noch nicht gesehen, weil das irgendwo so ein total pferdeuntypisches Verhalten ist und eher zu Katzen oder Hunden passt. Nicht zu einem Vollblut mit Panzermodus.
Aber hätte ich natürlich wissen müssen. Wer Fehler macht oder etwas nicht weiß, ist nämlich ein schlechter Reiter. Und bloß nicht fragen – dann wird das ja offensichtlich. Oder ist man dann einfach nur ein stinknormaler Reiter, der sich nicht in die Tasche lügt? Man wird es nie wissen …
Foto: Dööööh