Ich wehre mich gegen den Begriff Seelenpferd, weil ich ihn schrecklich nervig finde. Denn er wird inflationär benutzt, alles ist ein Seelenpferd, vor allem in vor Pathos (ne, nicht der Käse) triefenden Verkaufsanzeigen, wenn man eine Schweinekohle für eine vollkommen verzogene, wandelnde Baustelle haben möchte. Dann sind sie alle immer Seelenpferde.
Aber auch sonst schmeißen die Leute damit um sich, wie die dreizehnjährigen auf Facebook, die uns alle zwei Wochen die Liebe ihres Lebens präsentieren.

Es gibt sie natürlich trotzdem. Nur hat gar nicht jeder eins. Achtung, Tabuthema: Aber ich wette, dass mindestens 50% der Leute, wenn sie ganz ehrlich sind, wissen, dass sie nicht ihren Topf zum Deckel im Stall stehen haben. Und damit sogar glücklich sind. Ist auch völlig okay. Aber das darf man nicht sagen. So wie man sein eigenes Pferd nicht durchschnittlich schön finden darf, oder durchschnittlich begabt. Oder intelligent, oder was weiß ich was. Man hat sein eigenes Pferd immer schweinegeil zu finden. Das muss nach 2 Tagen (auch wenn man es vorher nicht kannte) das Seelenpferd sein, sonst ist der neue Besitzer ein schlechter Mensch.

Ich hab kein Seelenpferd im Stall. Primär, weil ich Seelenpferde dämlich finde. Für mich sind das Nonplusultra an Pferd Funkelperlenaugen. Und die Augen hatte genau ein Pferd. Und das ist nicht bei mir. Keine Ahnung, wo es ist. Wüsste ich das, würde ich den genannten Preis zahlen, aufladen und einpacken. So ist das mit Funkelperlenaugen. Ohne Kompromisse.
Und warum hab ich dann trotzdem ein Pferd? Na, weil ich dennoch dazu fähig bin, mein Pferd so zu lieben, wie es ist. Es ist nur einfach eine andere Form von Verbundenheit. So wie man für seinen Partner ja auch nicht dasselbe empfindet, wie für seine beste Freundin und sie trotzdem einer der wichtigsten Menschen für jemanden ist, wenn wir schon dabei sind, etwas krass zu vermenschlichen, denn etwas anderes ist dieses Seelenpferd Theater auch nicht.

Funkelperlenaugen, davon bin ich überzeugt, sieht man nur einmal. Pferde kommen, Pferde gehen und berühren einen – aber es gibt das eine paar Augen, das so tief schaut, dass es etwas Unwiderrufliches auslöst, was sich niemals ändert. So funktionieren Funkelperlenaugen. So und nicht anders.

Wenn ich dann wieder lese, was die alle für Seelenpferde haben (auch gern alle 2 Wochen ein neues), kann ich darüber nur müde lächeln. Manchmal kann man auch ganz froh sein, das niemals gehabt zu haben. Erspart einem auch einiges.

Das klingt jetzt ganz fies, meinem Pferd gegenüber nicht wahr? Aber für die Seelenpferd-Tanten: Er kann nicht lesen, er kann das nicht wissen und er kann so auch gar nicht empfinden. Pferde denken halt nicht wie Menschen, fühlen sich nicht verraten, wenn man sagt: Boah, dieses eine Pferd, das war einfach das Beste in meinem Leben. Und sie können trotzdem glücklich sein, wenn wir ihnen das geben, was sie für ihr Pferdeleben benötigen. Wir übrigens auch – wenn wir den Vergleich gar nicht erst anstellen. Denn jedes Pferd ist für sich genommen einzigartig. Und es ist bei uns, weil wir uns dazu entschlossen haben. Und wir können uns, mit unserem Pferd, jeden Tag so gestalten, dass er einzigartig wird. Damit beide glücklich sind. Der Tag und die eigene Beziehung werden übrigens nicht davon besser, dass man ständig in Facebookgruppen postet, wie toll das eigene Seelenpferd ist und wie sehr man es lieb hat.
Zeigt das lieber euren Pferden (nicht die Fotos – sondern, dass ihr sie liebhabt). Das mag für das Pferd nicht mal überlebensnotwendig sein – aber dem Menschen tut es gut.

Funkelperlenaugen hat mein Pferd nicht. Braucht er auch gar nicht. Der Rest hat mir schon gereicht. Was will ich dann mehr?

Foto: Kein Seelenpferd. Und stolz drauf.