So uneinig sich Gebisslosreiter und Gebissreiter immer sind, in einem sind sie sich einig: Alle Rennreiter sind zu blöd ihre Pferde zu halten, zu reiten und müssen sich deswegen mit ganz doll bösen Gebissen behelfen. Es gibt sie tatsächlich, so viel steht fest. Nur irgendwie nie in Ställen, wo ich gearbeitet hab. Und ich kenne auch niemanden, der irgendeins der besonderen Killerdings je benutzt hat. Oder gesehen. So live. In Farbe. Und bunt.
Was sind das also nun für Dinger, bei denen sich Gebisslosreiter und Gebissreiter so was von einig sind, dass die deutsche Wiedervereinigung eine Kinderkirmes dagegen ist?
Fakt ist: Sie wissen fast alle 0 von diesen Gebissen. Sie sehen martialisch aus und deswegen müssen die wohl irgendwie schlimm sein. Sie bekommen sie auch nie zu sehen, sie stolpern nur manchmal im Internet über Bilder, die das Gebiss zeigen (und zwar äußerst selten im Pferdemaul)
Australian Cheeker Bridle: Ist gar kein Gebiss, sondern ein Gummiding, was vom Nacken bis zum Gebiss reicht und zusätzlich in ekelhafter Fummelarbeit über die Ringe gezogen wird. Wer das Teil angelegt bekommt, hat einen Orden verdient. Sieht komisch aus, bewirkt aber, dass das Gebiss ruhig gehalten wird. Im Endeffekt ein Reithalfter.
Crescendo-Gebiss: Bei Google lässt sich nur finden: Wird für Rennpferde verwendet. Mehr Infos gibt es nicht. Sieht aus wie ein Gartenzaun und ich habe es noch NIE irgendwo gesehen. Aber wenn bei Google steht, dass es für Rennpferde verwendet wird, dann ist es böse. Böse! Und wer ahnt es? Niemand weiß, wie man das verschnallt. Und egal wie oft ich es mir anschaue, ich weiß es leider auch nicht.
Ringgebiss: Ist in jedem Fall nichts für Anfängerhände und auch schon ein schweres Geschütz. Leider zusehends öfter im Gebrauch. Ist für Puller und solche, die es mal werden wollen. Bin kein Fan. Da kein normaler Reiter das verschnallen kann, mache ich mir allerdings gar keine Sorgen, dass das je die breite Masse nutzt.
Wassertrense mit Spieler: Für die Traber. Ein ganz normales Gebiss mit lustigem Schlüsselanhänger. Nein, eigentlich soll der Spieler die Zunge unter dem Gebiss halten und eben das tun, was sein Name verspricht – spielen und ablenken. Alle Nichtrennsportler behaupten aber trotzdem, dass dieses Gebiss total böse ist. Wenn man sagt, dass Wassertrensen das ja im Umkehrschluss auch sein müssten, dann sagen sie eigentlich gar nichts mehr, oder so etwas Geistreiches wie: Selber!
Zungenstrecker: Auch die gibt es. Kleine Metalldinger, die zusätzlich ins Maul gelegt werden, zum normalen Gebiss. Sie verhindern, dass ein Pferd die Zunge über das Gebiss legt und sie evtl. sogar verschluckt. Ja, so ein Pferd kann an so ziemlich an allem abnippeln, auch an seiner eigenen Zunge. Allerdings habe ich bisher nur Zungenstrecker erlebt, die so dünn sind, dass ein handelsübliches Pferd die einfach zerkauen könnte, wenn ich die schon mit einer Hand verbiege.
Damenstrümpfe: Jup, kein Witz, die benutzt man. Aus ähnlichen Gründen wie die Zungenstrecker, nur sind die einfacher zu verschnallen. Knoten drum – fertig. Die Zunge wird damit am Maul fixiert und kann nicht runtergeschluckt werden.
Und ab jetzt wird es interessant, denn: Galopprennpferde werden mit Hackamore, Sidepull, Bitless Bridle, Wassertrense, etc. geritten. Total unspannend. Kandaren sieht man da nicht, irgendwelche Stacheldrahtzäumungen gibt es auch nicht und das Abenteuerlichste, was man sieht, sind diese Sachen, wenn sie falsch verschnallt sind (ja, auch Rennsportler sind manchmal zu dämlich ihre Trensen richtig zu verschnallen).
Trabrennpferde haben da andere Sachen, die komisch aussehen, aber von denen außer den Trabern selber kein Mensch weiß, wofür die gut sind – und sie auch gar nicht verschnallen kann.
Merken wir uns also: Sieht es böse aus, ist es auch böse. Das kennt man ja heutzutage. Hunde, die böse aussehen, beißen auch, alle Menschen, die schwarz tragen, opfern Kinder und Katzen (und schnallen bestimmt auch Stacheldrahtgebisse aufs Pferd).
Wenn euch also das nächste Mal jemand erzählt, wie böse diese Sachen sind, fragt die Leute mal, ob sie überhaupt wissen, was das Equipment tut. Könnte lustig werden.
Foto: Wir tun mal so, als könnten wir das.