Des Reiters Gruß ist ein aufschlussreiches Dingen. Man weiß ganz schnell, was man da für einen Menschen vor sich hat. Fängt schon im Stall an. Die Nichtgrüßer kann man getrost in der Pfeife rauchen. Die räumen weder ihre Sachen weg, noch beteiligen die sich an Arbeit, noch grüßen sie. Irgendwie immer gleich.
Aber heute wollen wir uns nicht die Reiter im Stall und ihren Gruß (oder vielmehr den nicht vorhandenen Gruß) ansehen, sondern die Turnierreiter. Denn da gibt es ganz unterschiedliche Typen. Und sie entertainen mich bei jedem Turnier aufs neue. Echt, ich könnte mir Leute nur beim Grüßen ansehen und hätte anschließend den Lachanfall meines Lebens. Bei meinen Beobachtungen sind folgende Typen besonders aufgefallen.
Der Stramme
Muss nicht zwingend ein Mann sein, machen auch viele Frauen. Und die grüßen so, dass der Führer stolz wäre und die Sache schon fast verfassungswidrig wird. Da steht alles stramm, inklusive Pferd. Der Reiter will halt sehr gründlich sein und meint es übertrieben gut. Leider sind wir dann doch nicht bei der Kavallerie, sondern nur bei der E-Dressur in Schlechtreiterhausen.
Der Schlör
Vielleicht besteht er nur aus Wasser, oder er ist ein Kopffüßler ohne Rückgrat. Aber wenn der Schlör grüßt, dann geht nicht die Sonne auf, sondern sie fällt einfach komentarlos vom Himmel, die Gravitation macht alles träge und jegliche Euphorie verwandelt sich in ein solides: „Mäh“-Gefühl. Der Schlör weiß, wie er die Massen beruhigt. Welch Begeisterung er entfacht mit seinem Gruß, zeigt die Tatsache, dass sich nach seinem Gruß plötzlich Schlangen an den Toiletten bilden, weil sein Ritt von vornherein so egal wirkt wie die Tatsache, ob Milkyway wirklich in Milch schwimmt.
Der Flusenwischer
Man weiß nicht, ob er grüßt, oder ob die Reithose Fusseln hat, oder das Pferd drei Haare krumm hat. Er wischt nur mal so halbherzig irgendwo in Richtung Gruß. Vielleicht war das auch wirklich nicht der Gruß, denn keiner der Zuschauer kann das erkennen. Dazu gibt der Flusenwischer auch noch gerne ein Nicken von sich, das alles sein kann. Eine Selbstbestätigung (ja, ich bin wirklich so geil), oder ein: „Oh, hi, wir kennen uns doch.“ Oder: „Na, Schnegge/Schneggerich?“
Die Affektierte
Ist immer eine Frau (oder ein sehr femininer Mann … der Männer mag). Denn die macht da ein Theater beim Grüßen … holla. Immer schön die Fingerchen zusammen, eine fließende Bewegung mit dem Kopf, manchmal wirft sie vor lauter Körperklappern die Zügel dabei weg (böse!). Durchgestylt bis in die Fersen. Heidi Klum hätte garantiert ein Foto für sie. Die Richter eventuell jetzt nicht … Aber schön war sie. Superschön! Turnierfotograf hat alles drauf.
Der Routinier
Jaja, der kennt das schon. Macht das auch seit hundert Jahren. Warum also noch dieses affige Gehampel. Er macht es zwar nicht so schlimm wie der Schlör, aber schon sehr knapp, während er quasi schon losreitet. Wenn man kurz blinzelt, verpasst man seinen Gruß. Er macht das sehr schnell, guckt dabei niemanden an, weil er in Gedanken schon bei der Aufgabe ist.
Der „Ich-grüße-auch-meine-Mama“
Kann mit allem kombiniert werden. Denn an sich macht er einen Gruß für die Richter. Welchen von den oben genannten, das entscheidet er selbst. Anschließend nimmt er die Hände an die Zügel … und schnell wieder weg, weil Oma am Zaun steht und winkt. Da muss dann auch mal kurz ein: „Ich grüße alle, die mich kennen!“ drin sein. Zurückwinken und dabei doof grinsen. Pferd tätscheln. Dann mal endlich mit der Aufgabe anfangen. Danke, sind sowieso alle eingeschlafen.
Foto: Frauchen, ich finde, Stangenarbeit ist gegen die Genfer Konventionen.