Bei Dingen wie Tierarzt und Schmied fällt es uns noch leicht: “Nö, wir laufen jetzt nicht einfach weg, nä das lässt du jetzt, mein Freund!” – etc. Kein Problem. Sobald es offensichtlich gesundheitliche Dinge sind, können wir Reiter bei unseren Pferden knallhart sein.
Durchaus auch in Erziehungsfrage (wenn auch nicht jeder und immer und überall). Alles kein Thema, wir verweisen das Pferd in die Schranken, wir erhöhen auch mal den Druck, oder halten stumpf fest, wenn etwas nur zum besten des Pferdes ist.
Leider ist aber auch eines besonders zum besten des Pferdes: Korrektes Reiten. Und dazu gehören auch Lektionen, die dem Pferd nicht schmecken. Wo man seinen Unmut spürt und merkt: Der hasst mich gerade.

Mein Pferd ist so ein ganz massiver Fall von: Unkooperativ. Reiten ist okay, solange das so geht, wie er meint. Was niemals gut ist, also geht es nicht nach seiner Nase. Falls doch würden wir entweder den scheintoten Pleasure Pferden aus Amerika Gesellschaft leisten, oder beim lustigen Herumrasen ohne Balance umfallen. Keine der beiden Varianten gefällt mir sonderlich gut, also hat er nichts zu melden. Aber das ist schwer. Denn wie jeder Reiter, möchte ich nicht, dass mein Pferd mich nicht leiden kann.
Passiert aber. Vor allem immer dann, wenn seine Ideen zum Thema Reiten mit meinen kollidieren.

Ich: “Ne, Kollege, so kannst du nicht laufen. Damit machste dir die Haxen kaputt und den Rücken gleich mit, wenn du so auf der Vorhand schlurftst.”
Er: “Lass mich, ich mag das.”
Ich: “Ne … die Runde kannst du noch schluffen, aber dann musst du mal die Hinterhand aktivieren.”
Er: “Zwing mich doch!”
Eine Runde später …
Er: “AU! Hast du mich gerade mit der Gerte gehauen? Ich habe vor Gerten Angst, das weißt du doch! Hilfeeee!”
Rennt nun viel zu schnell davon.
Ich: “Na, immerhin ist da jetzt etwas Hinterhand.”
Er: “Ah … die Gerte habe ich schon wieder vergessen!”
Schlufft wieder
Ich: “Nein! Hier wird nicht weiter geschlufft!”
Die Gerte kommt wieder.
Er: “Lass das! Ich hab doch Angst davor …. uhhhhhhhh.”
Er rennt wieder heulend davon.
Er: “Okay, okay: Deal, ich geh jetzt was schneller, du wirfst die Gerte weg.”
Ich: “Geht klar.”
Traben so leicht dahin.
Ich: “Jetzt würd ich aber auch gerne nicht mehr Mofa fahren und Hans guck in die Luft spielen. Du musst dich schon was biegen und dehnen.”
Er: “Zwing mich doch!”
Zügel werden aufgenommen – Schluff.
Ich: “Hör mal, so geht das aber nicht. Soll ich die Gerte wiederholen?”
Er: “Mach doch! Mir doch egal. Du kannst doch nicht die Zügel aufnehmen, wenn du trotzdem schnell sein willst! So funktioniert das nicht.”
Ich: “Ich möchte nicht schnell sein, ich möchte, dass du fleißig trabst.”
Er: “Das macht überhaupt keinen Sinn. Nimm doch deine Beine.”
Ich: “Die ignorierst du.”
Gerte wird noch mal geholt und Zügel angenommen.
Er: “Das mag ich nicht.”
Ich: “Ich mag auch nicht, wenn du mit 15 in Frührente gehst.”
Er: “Tja. Aber dann müsste ich nicht mehr so blöde Sachen machen.”
Wir biegen uns nun. Mehr schlecht als recht.
Ich: “Wärst du mal so freundlich, den inneren Schenkel nicht mehr zu ignorieren?”
Er: “Den kenn ich gar nicht!”
Ich: “Stimmt doch gar nicht. Den kennst du mindestens sieben Jahre! Und ich weiß zufällig, dass deine Vorbesitzer dich durchaus auch normal geritten haben.”
Er: “Ach, die lügen.”
Ich: “Klar.”
Ein paar Runden später:
Ich: “Hör mal, wenn du jetzt noch ein paar Runden anständig läufst, dann darfst du dich wälzen und wir machen Feierabend.”
Er: – hält an. “Ich habe Feierabend gehört?”
Ich: “Ja, aber erst, wenn du schön läufst.”
Er: “Ich bin schön. Reicht das nicht?”
Ich: “Nein.”
Er: “Menno.”
Traben noch zwei Runden. In halbwegs schön.
Ich: “Siehste? Geht doch.”
Er: “Ich hasse dich.”
Ich: “Ja, ja … ich weiß.”
Er schnüffelt. “Hast du da einen Keks in deiner Tasche?”
Ich: “Ja, aber nur für Pferde, die mich nicht hassen.”
Er: “Hm … überleg ich mir das noch mal …”
Den Keks nimmt er dann meistens doch.

Foto: Gerade fertig mit hassen.