Ich habe seit gestern offiziell kein Pferd mehr. Nur ein sehr fettes Nagetier. Das kam so:
Mein Stallbesitzer bekam Kaminholz von einem anderen Stall geschenkt (also keine Sorge – nicht giftig, da hatten ja auch schon andere Pferde mit herumgespielt). Das Holz wurde aufgrund des baustelligen Platzmangels vor dem Putzplatz gestapelt. Und mein Pferd sieht es von seiner Box aus. Da stand er also sabbernd … Holz! Super! Wir nagen ja wahnsinnig gerne (nur nicht an lackierten Boxentüren … und dann hat die neue Box nicht mal ne Holztür! Skandal!) Er nagt nicht so gerne an Dingen, an denen es erlaubt ist (Holzzaun oder Kaustöcke) … sondern mit Vorliebe an Dingen, wo das nicht erlaubt ist.

Bei dem Holz ist das nicht erlaubt. Primär, weil das wirklich Äste sind und die auf einem Haufen liegen. Rupft er dran, fällt der ganze Haufen zusammen, oder er verknüddelt sich mit dem Strick im Holz. Das finde ich blöd, also ist es verboten. Was es natürlich umso attraktiver macht. Das Holz ist die verbotene Frucht und Früchte muss man kosten.
NOMNOMNOM …
„Was machst du da?“
„Nix!“ Er pfeift vor sich hin.
NOMNOMNOM
„Du kaust doch auf dem Holz rum!“
Pferd – hat noch Rinde am Maul – „Nein, wie kommst du darauf?“

Ich drehe mich wieder um. Ich kann ja schlecht nur auf ihn gucken, während ich miste. Es knuspert. Ich mache: „CHRMCHRMCHRM!“ und stampfe wie Rumpelstilzchen auf ihn zu.
„Ich hab voll nix gemacht!“ spricht das Pferd empört.
„Du tust dir gleich weh!“
„Quatsch.“
Ich bleibe stehen und gucke. Ist das seine Zunge, die da in Richtung Holz schlängelt? MLEM …
„Lass das!“
MLEM
„Lecken ist auch verboten. Es bleibt ja nie dabei!“
„Hachmenno …“

Ich drehe mich um. Durch das Kratzen der Mistgabel auf Beton höre ich das Unheil nicht sofort. Aber ich sehe es, als ich mich wieder umdrehe.
„FRAUCHEN! HILFE, DAS SEIL BEIßT!“
Er hat es geschafft den Strick geschickt in die Hölzer einzuflechten. Danke auch. Hab ich’s nicht gesagt? Er wundert sich jedenfalls, warum er den Kopf nicht mehr drehen kann.
„Trottel!“ Ich mache den Strick ab und schiebe ein paar Stöcke beiseite. So. Jetzt kann das doch eigentlich nicht mehr so schwierig sein, wenn man halbwegs manierlich da steht.
Doch! NOMNOMNOM, das Nagetier ist da. Wie ein großer, fetter Hamster mit Hufen.
Ich komme wie ein Springteufel aus der Box und brülle: „JETZT LASS DAS! DU TUST DIR WEH!“

Ich möchte ja nicht sagen: „Ich hab’s dir gesagt“, aber jetzt ist der Moment. Pferd hat nämlich die Idee: Ich könnte mir ja jetzt so ein Holz mitnehmen, dann habe ich auch später noch was davon.
Er rupft ein (großes!!!) Holzstück raus und zieht es auf seine Seite des Putzplatzes. Dann fällt es ihm scheppernd auf den Boden. Das Pferd guckt, macht dicke Backen und große Augen und heult:
„FRAUCHEN!!!! ES HAT ANGEGRIFFEN!“
Strick ist auf Anschlag, Pferd sitzt halb aufm Hintern.
Ich komme fuchtelnd raus und nehme das böse Holz weg. Pferd guckt bedröppelt und fragt sich wohl, ob das böse Holz gleich noch mal angreift.
„NEIN TUT ES NICHT!!! Wenn man es nicht ständig runterrupft, dann bleibt das ganz brav und stumm da liegen.“
Pferd überlegt. Leckt mal dran. MLEM. Überlegt dann, warum ich schon wieder: „CHRMCHRMCHRM!“ mache. Geht ein Stück zurück. Nur vorsichtshalber. Falls die Alte schon wieder so unvorhergesehen reagiert und „Nein“ sagt.

Ich drehe mich weg. Drehe mich wieder hin – Sehe spitze Lippen, die nach einem Holz angeln.
„Warum machst du das?“
„Es ist so köstlich!“
„Aber du hast Angst davor, wenn es sich bewegt. Und es bewegt sich nun mal, wenn man daran rumkaut.“
„Echt? Seit wann?“
„Das hast du gerade eben gemacht!“
„Kann ich mich nicht dran erinnern.“
RUMS! Ein Holzstück fällt runter. Pferd versucht mir auf den Arm zu springen.
„Siehst du! Jetzt! Genau jetzt hat es sich bewegt. Und das warst du selber.“
„Versteh ich nicht!“
„Merkt man!“

Foto: Von Morwen. Der Dummbatz beim Sandbaden.