Liebe Reiter, es ist manchmal nicht einfach mit euch. Vor allem nicht, wenn ein Pferd stirbt. Denn irgendwie meinen andere Reiter, sie wären die Wächter des guten Geschmacks und entscheiden dann, wie die trauernde Person damit umgehen soll. Das ist ganz schön übergriffig mit Hang zum: “Was geht das dich an?” Ich habe heute noch keine neue Katze. Aber deswegen kann doch meine Nachbarin Susi Sorglos sich morgen, nach dem Tod ihrer geliebten Katze eine neue holen? Und ein Pferd noch obendrauf! Ach, was sage ich, die soll sich eine Elefantenherde kaufen, wenn sie damit glücklicher wird!
Trauer ist etwas, das sich bei jedem Menschen unterschiedlich zeigt. Und was der trauernden Person hilft und was nicht – das entscheidet sie ganz allein, denn sie muss damit klarkommen. Nicht du oder ich. Ich hab mich als Kiddy auch mal aufgeregt, weil eine Frau in unserem Stall schon das fünfte Pferd hatte, seit ich da war. Die kaufte sich jedes Mal ein Neues, sofort wenn es weg war. Ich kleiner Wicht war der festen Überzeugung, die hätte ihre Pferde alle gar nicht liebgehabt. Aber da war ich eben ein doofes Blag, was einfach nicht weiter als vom Stalleingang bis zur Reithalle dachte und nicht ein Erwachsener, der sich zum Rächer der toten Pferde aufschwingt. Gottlob hab ich das nie jemandem auf die Nase gebunden.
Heutzutage haben viele Erwachsene weniger Anstand und lassen sich darüber aus, was X oder Y nach dem Tod seines Pferdes macht. Bucht nen Strandritt mit Leihpferden? “Pah, die kann ja nicht traurig sein!”. Geht Pferdeanzeigen gucken? “Na, die hat wohl drauf gewartet, dass der alte Gaul endlich den Löffel abgibt!”. Sie hat es einäschern lassen? “Boah, was ist die blöd!”. Sie hat es nicht einäschern lassen? “Wie pietätlos!”. Das ist halt einfach alles die Sache der trauernden Person. Niemand hat darüber irgendwas zu richten. Das gilt übrigens für alle Trauergründe dieser Welt, nicht nur für Pferde – nur mal so am Rande. Denn es kann doch nicht sein, dass jemand darüber zu entscheiden hat, wie man mit einem Todesfall umgeht.
Frauen regen sich darüber auf, wenn Männer: “Du siehst viel hübscher aus, wenn du lächelst” sagen, aber haben kein Problem damit Trauernden in den Rücken zu fallen, wenn sie sich für ein neues Pferd entscheiden. “Was? Da ehrst du das Andenken von Stinki, dem Shirehorse nicht, weil du dir drei Wochen danach ein neues Pferd gekauft hast.” Kümmere dich doch einfach um deinen Kram, Trulla? Lass die Leute damit umgehen, wie sie wollen. Ich finde auch viele Sachen komisch, aber wenn’s demjenigen hilft? Das ist doch die Hauptsache.
Sicher, ich sage jetzt gerade für mich: “Also nee, so ne übertriebene Urne oder so was will ich auf gar keinen Fall, wenn mein Pferd mal tot ist, das ist mir auch einfach viel zu teuer und mein Pferd bekomme ich auch nicht davon wieder.” Tja, ich bin aber auch einfach nicht in der Situation mein geliebtes Pferd verloren zu haben und wer weiß, ob es, wenn es eines Tages so weit ist, ich nicht eben doch die blöde Urne will, über die ich mich vorher so lustig gemacht habe. Und ein neues Pferd im Stall, weil Keks! Das ist meine Entscheidung, so wie sie die eines jeden Pferdehalters ist. Es gibt kein richtig oder falsch. Nur Menschen, die es richtig oder falsch finden – und die können euch den Buckel runterrutschen. Macht was ihr wollt.