Das ist die beliebteste Frage von Nichtreitern, die mit in den Stall kommen. Damit erwarten die jetzt keine ausgeklüggelten Lektionen oder so was Profanes wie reiten. Nein, sie wollen lustige Kunststücke zur Unterhaltung haben. Ich kann die Leute immer gleich abwürgen: “Kacken und nett gucken kann der.”
Da sind sie immer ganz enttäuscht. Was soll ich denen jetzt erklären, dass wir aber langsam schöneres Schulterherein können und auch ein wenig Versammlung gemacht haben? Bringt ja nix, der soll steigen, winken und nen Kopfstand machen.

Manchmal ist mir nach Schabernack zumute. Dann sage ich: “Nein, der kann nix, aber der ist trotzdem berühmt.”
“Aber wenn er doch gar nix kann? Wie soll der dann berühmt sein?”
“Na, gerade weil er nichts kann.”
Ist das nicht komisch? Ich habe ein talentfreies, unbegabtes Galoppertier (auch noch so eine unbeliebte Rasse bei Reitern), aber ich kann trotzdem diversen Leuten ein Foto zeigen und fragen: “Wer ist das?” – Die Antwort lautet: “Arschlochpferd.”
Eigentlich sogar traurig, dass ihn mehr Leute kennen, als wirklich erfolgreiche Rennpferde, die aktuell so laufen.

Aber weiter im Text. Denn die Frage „Was kann das Pferd?“ zieht sich ständig durch unser reiterliches Leben. Besonders spannend war das, als ich ihn gekauft hab. „Kann der was?“
„Schnell laufen.“
„Ja, aber kann der was?“
„SAG ICH DOCH!“ Schnell laufen ist offenbar nicht genug für manche Leute.
„Was willst du denn dann mit dem?“
„Im Idealfall reiten, ne?“
„Aber der kann ja nix.“
„Doch. Schnell laufen! Mit Reiter drauf. Sind doch alle Voraussetzungen fürs Reiten erfüllt, oder etwa nicht?“

Wo ist denn jetzt das Problem? Es kaufen sich Leute rohe Pferde. Werden die auch genervt mit: „Kann der was?“ Wahrscheinlich ja. Was ist der Grund für die Frage? Sehe ich aus, als könnte ich das Pferd nicht zu etwas anderem bringen, als schnell laufen? Vielleicht. Aber ist das nicht mein Problem? Vielleicht geb ich den ja auch in Beritt. Vielleicht guck ich ihn mir auch nur doof an und er steht auf der Weide und wird speckefett und zufrieden. Vielleicht schule ich den auch einfach selbst um. Wer will’s denn kontrollieren? Und überhaupt, wer hat das zu entscheiden? Doch wohl ich selbst, oder?

Ist man dann nach seinem Kauf schon lange weiter, erntet man auch komische Blicke. „Ach, der ist ja so liiiiiieb.“
„Warum sollte der jetzt nicht lieb sein?“
„Na, der ist doch ein Rennpferd. Und der kannte doch vorher nichts.“
„Was kannte der denn nicht?“ Bin ja immer daran interessiert, was andere meinen, was mein Pferd so alles kennt und kann.
„Ja so … alles und so … ne? Das hier auch …“
„Hä?“
Tja … warum hab ich jetzt auch so blöd gefragt. Alles halt. Prompt frage ich mich wieder, ob sich das Leute, die einen rohen Warmblüter kaufen, auch anhören müssen. Die wahrscheinlich weniger. Leute die Tinker, Shettys, alles, was nicht deutsches Reitpony ist, aber Ponyformat hat, kaufen, werden damit auch terrorisiert. Traberbesitzer und besondere Rassen, die man sonst eher nicht so hat.
Merke: Mit Westernpferd wird man nicht gefragt. Und mit ordinärem Warmblut.

Schlimmer ist es nur noch für die armen Barockrassenbesitzer. Da wird automatisch erwartet, dass die ALLES können. Am liebsten permanent über die Weide piaffieren. Und wehe wenn nicht. „Kann der denn nichts?“
Oder Isländer, die nicht tölten. „Du, dein Isländer ist kaputt!“ …

Warum ist es denn so wichtig, dass das Pferd von anderen Leuten was kann? Was ist überhaupt dieses „was“? Ich weiß auf beide Fragen bis heute keine Antwort. Daher ist die Antwort auf die Frage „Kann der was?“ mittlerweile:
„Ja, klar. Lesen, Schreiben, Rechnen (aber noch nicht so gut), außerdem macht er sehr schöne Origamis und Blumen arrangiert er auch ganz klasse. Nur in der Teezeremonie klappt es noch nicht ganz so gut. Ich hoffe aber, dass er die Geisha-Aufnahmeprüfung bald schafft und sein eigenes Geld verdient, denn er liegt mir ja nur auf der Tasche.“
Wirkt immer!

Foto: Da hat er grad gelernt, dass man an der Longe auch anständig gehen kann. Er kann was! Yeah!