Wir Reiter haben es nicht leicht, denn ständig müssen wir auf so viele Sachen achten, dass andere Leute unser Hobby eventuell schon als Stress bezeichnen würden. Aber das ist es natürlich nicht. Für uns zumindest nicht. Obwohl wir uns schon manchmal fragen, wie wir das alles schaffen. So im Rückblick, zuhause, im stillen Kämmerlein. Denn Reiten ist halt nicht so einfach.
Das fängt mit dem Betreten des Stalls an. Ab da muss man schon an seiner Außenwahrnehmung arbeiten, denn die Mitreiter sind ständig auf der Hut, falls mal ein Fehltritt passiert. Der Reiter ist also auf dem Prüfstand. Ist er es nicht, dann hat er zumindest eine gesunde Ignoranz für seine Mitmenschen entwickelt. Ist definitiv was Gutes.
Wir haben also jetzt unser Pferd. Während wir es putzen müssen wir auf folgende Dinge achten: Darauf, dass das Pferd sauber wird, darauf, dass wir beim Putzen dem Pferd nicht wehtun, eventuell noch darauf, dass das Pferd an den Stellen gekrault wird, an denen es das gerne mag und bei einem Arschlochpferd muss man auch noch darauf achten, keinen Huf auf dem Fuß zu haben oder einen Schweif im Gesicht (und was sich harmlos anhört für Nichtreiter, ist echt schmerzhaft! Ein astreiner Peitscher ins Gesicht tut richtig weh!)
Außerdem gibt es noch die Mitreiter, die bei so was gerne Fragen stellen, während man z.B. gerade mit dem Pferd ums Blauspray kämpft.
„Du, hast du gehört? Die Elke will sich wieder ein Jungpferd holen.“
Man selbst hängt halb unterm Pferd um ein Bein hochzuhalten, damit man nicht getötet wird.
„Aha?“, macht man also nur.
„Ja und das soll wohl richtig teuer sein. Der geht auch schon L. Ist mir ja viel zu früh. Und dir?“
„Äh …“ – hängt immer noch unter dem Pferd, das nun auf drei Beinen hüpft und erwartet, dass man sein Gewicht auffängt, wenn man schon als viertes Bein fungiert.
Und dann geht es auch schon in die Halle. Wo der Reitlehrer wartet. Der will gleich tausend Sachen auf einmal. „Was ist denn das? Schulpferdeschluff? Schritt muss fleissiger. Und das Kreuz zurück! Wo sind wir denn hier? In Notre-Dame?“
Dann muss man auch noch die Mitreiter miteinkalkulieren und den Umstand, dass sie keinerlei Anstand haben, weder rechts noch links kennen und „Vorfahrtsregeln“ für ein obskures Pokémon halten.
Und dann kommt auch schon wieder der Reitlehrer. „Die Nickbewegung besser rauslassen. Du musst mitgehen.“
Das Pferd geht auch mit und zwar mit durch, weil nebendran ein Pony blöd pupst. Was bedeutet, jetzt muss man sich entscheiden: Auf Vorfahrtsregeln scheißen und das Thema ausdiskutieren und zwar so, dass der Reitlehrer trotzdem noch die Nickbewegungen sieht, oder aber die Vorfahrtsregeln zu beachten und dann komische Kringel ohne Nickbewegungen zum bremsen zu reiten.
Und die Mitreiter haben halt immer irgendwas. Die versuchen einen vollzulabern, während man eine Stunde reitet, dann kommt noch wer mit ner Longe rein und möchte dann auch noch, dass man Rücksicht nimmt, anschließend kommt jemand mit einem bissigen Jungpferd, von dem man Abstand halten soll (was einem natürlich auch noch gesagt wird) und der Reitlehrer verlangt so Sachen wie: „Knieschluss. Und das Bein lang lassen dabei! Wir sind hier nicht beim Rodeo!“
Und das Pferd will auch schon wieder ganz anders als Reitlehrer, Mitreiter und man selber. Das möchte jetzt geradeaus. Während natürlich alle wollen, dass du A: Abstand vom Jungpferd hältst, B: Nicht in die Longe reitet, C: Die anderen Mitreiter am Leben lässt, D: außerdem willst du selbst noch, dass dein Pferd anständig läuft, F: der Reitlehrer möchte außerdem, dass du dabei gerade sitzt, die Fersen nicht hochziehst, nach vorne guckst, die Schultern gerade hältst, die Hand nicht zu hoch machst und seine Anweisungen generell befolgst.
Hat ja auch keiner gesagt, dass Reiten einfach ist.
Foto: Schnee und Pferd ist zufrieden.