Beständig hören wir: “Das Pferd ist zu müde”, “das Pferd ist geschafft” – “Das ist zu viel” – aber ist es nicht eigentlich Fakt, dass Pferde sich in unseren Freizeitställen VIEL zu wenig bewegen? Und nein – wir reden nicht von der Weide, sondern vom Reiten, Fahren – oder was auch immer wir damit machen. Stattdessen wird eine halbe Stunde Bodenarbeit im Stehen gemacht, eine Viertelstunde durchs Dorf spaziert und dann ist das Pferd ja jetzt auch müde. Oder nicht? Da fragt man sich schon – was denken die denn, was Pferde so den ganzen Tag treiben? Und wie kommt es, dass sie denken, dass es dem Pferd zu viel ist? Sind Pferde aus Zucker und wir haben das nur noch nicht gemerkt? Oder ist es einfach so, dass ein Pferd Training benötigt, das manche nicht bereit sind zu leisten?
Ich würde mich davon auch nicht ausnehmen. Auch mein Pferd bewegt sich sportlich unterm Reiter zu wenig. Er ist nur nicht so ein “vorwärts, los jetzt”-Typ – das ist mein Glück. Er hat auch keine Erkrankungen, die es unabdingbar machen, jeden Tag zünftig zu arbeiten, sodass ich halt auch den Luxus genieße zu sagen: Ich habe heute keine Lust – Zeit – Regen – Hunger – Kacka – Pipi – Durst. Das Übliche eben, warum man jetzt heute nicht reiten kann. Aber ich weiß effektiv – das Pferd tut zu wenig. Da er es nicht fordert, ist der bei mir nicht unglücklich, der war noch nie Arbeitsweltmeister und fragt auch gerne mal ob er einfach chillig hier herumstehen kann, während er mir unter den Arm kriecht. Damit sind wir eigentlich beide recht happy. Aber wenn gearbeitet werden muss – dann wird eben auch gearbeitet – denn Muskeln soll er schließlich schon haben. Die kommen nicht, wenn man dreimal die Woche bisschen spazieren geht und dann erwartet, dass der Rücken ganz von alleine so bemuskelt wird, dass das Pferd einen tragen kann.
Trotzdem sieht man in vielen Ställen, dass Reiter keine zehn Minuten arbeiten. Das ist aber sinnlos – mehr so fürs schlechte Gewissen. Die Arbeit selbst muss schon eine gewisse Zeit andauern (natürlich ans Pferd und seine Ausbildung und Konzentrationsfähigkeit angepasst), damit die irgendwas bewirkt. Sonst kann man ja einmal durchs Wohnzimmer rennen und sagen: Ach, Mensch, ich hab heute schon genug Sport gemacht, ich bin gelaufen. Nichts anderes ist das beim Pferd. Der spontane Sprint durchs Wohnzimmer verbrennt weder Kalorien, noch baut er Muskeln auf oder tut irgendetwas für die Kondition. So ist das auch beim Pferd. Wenn es abnehmen soll, dann hilft es nichts, wenn man es mal zehn Minuten langsam traben lässt (es sei denn, es ist sehr fett und kann sich kaum noch bewegen). Auch Kondition und Atmung sind davon betroffen – und da beißt sich doch die Katze in den Schwanz. So ein Pferd muss auch mal durchatmen können, also auch mal zünftiges Galöppchen.
Viele unserer Wohlstandserkrankungen kommen genau daher, weil die Menschen auch der Meinung sind, dass es ja “unnatürlich” ist, so ein Pferd zu arbeiten. Also verkümmern sie zur Deko – während sie gefüttert werden wie ein Sportler und dann wundert man sich, warum die alle rollen. Ja, vielleicht möchte das Pferd nicht mitarbeiten. Vielleicht hat es keinen Spaß daran. Aber was passiert, wenn der Mensch nur dick aufm Sofa herumliegt, Essen in sich reinstopft und ansonsten keine Bewegung zu viel macht? Er wird krank. Das Pferd auch. Es hat nur kein Sofa.