Jede Reitschule (sofern sie nicht nur aus zwei Pferden und einem Reitlehrer besteht), hat sie: Diese unterschiedlichen Typen an Schulpferden, die uns Reitern verdammt viel beibringen können. Denn es sind eben nicht nur die absolut lieben Pferde, die alles verzeihen, von denen wir am meisten lernen, nein, es sind die unterschiedlichen Charaktere, die uns vor allem unterschiedliche Dinge lernen. Und Reitlehrer, die uns nicht immer nur unser Lieblingspony reiten lassen, die tun uns unbewusst einen sehr großen Gefallen, wenn sie uns mal auf die hier setzen:

Die Rennmaus
Die Rennmaus ist meistens eine Stute und sie hat keinen Sinn für langsames Reiten. Sie kennt Vollgas in jeder Gangart und bricht ihre eigenen Bahnrekorde im Galopp. Gerne ist sie ein Rennpferd, gefangen im Ponykörper, denn niemand ist so bescheuert und lässt ernsthaft einen rasenden Galopper in eine Kinderreitstunde – es sei denn er ist eben keine Rennmaus. Die Rennmaus kann man schon schön reiten – wenn man den kleinen Trick hinbekommt, der die Rennmaus bremst. Dann wird die plötzlich ganz angenehm. Manchmal verliert sie auch Reiter. Einfach, weil deren Hintern mittlerweile plattgeklopft wurde und sie nicht mehr sitzen können, nicht weil sie wirklich buckelt.
Was man von der Rennmaus lernen kann:
-Ruhe ins Pferd bringen, Geduld und aussitzen.

Der Pingelige
Der Pingelige ist das Erziehungspferd durch und durch, denn er erzieht seine Reiter dazu, ihre Hilfen korrekt zu geben. Keine korrekte Hilfe, kein Galopp. Kein Trab. Ach, der geht nicht mal los, wenn man etwas falsch macht. Er verzeiht gar nichts und lässt Reiter mit schlackernden Beinen und Zügeln eiskalt verhungern. Falls der Reiter ihm dann auch noch blöd kommt, springt der Gerechtigkeitssinn des Pingeligen an und er setzt den Reiter ab. Wär ja noch schöner – der macht Fehler und holt jetzt die Gerte? Nööö.
Man braucht zum Pingeligen auch gar keinen Reitlehrer, der unterrichtet seine Schüler selbst.
Was man vom Pingeligen lernen kann:
Korrekte Hilfengebung, anständiges Sitzen.

Der Asoziale
Eigentlich sollte keine Reitschule ein Arschlochpferd besitzen, aber fast jede tut es. Im Internet werden dann Reitschüler direkt groß angeguckt, wenn sie von ihrem Asozialen berichten und anklagend gebrüllt: So was darf kein Schulpferd sein.
Sehe ich anders. Jeder braucht einen Asozialen. Denn der Asoziale buckelt gerne beim angaloppieren, oder läuft beim Führen weg, oder aber er spielt einfach so mal Rodeopferd. Und trotzdem lernen Leute etwas von ihm. Denn es gibt einen erstaunlich großen Anteil im Stall, der den Asozialen nicht nur mag, sondern der auch sehr gut mit ihm klarkommt, denn er weiß, bei wem er sich etwas erlauben kann und bei wem nicht.
Was man vom Asozialen lernen kann:
Sitzenbleiben. Und fallen. Fallen lernen ist auch wichtig.

Die Kreuzbrave
Das Pferd für die Angstreiter und die Sitzlonge. Denn die Kreuzbrave ist nicht nur bequem, neben der könnte der dritte Weltkrieg ausbrechen, die reitet trotzdem lieb die Ecken aus und lässt sich von nichts beirren. Sie guckt immer nach ihrem Reiter und will es ihm absolut recht machen. Deswegen bekommt sie von erfahrenen Reitern schnell das Prädikat: Langweilig. Ist sie aber gar nicht, sie möchte nur einfach nicht auffallen. Jedenfalls nicht durch schlechtes Benehmen.
Was man von der Kreuzbraven lernen kann:
Vertrauen und anständiges Sitzen.

Der Arbeitsvermeider
Der Arbeitsvermeider buckelt nicht unbedingt los, wenn er was nicht will, nein der macht das richtig tricky. Der mogelt halt bei den Bahnfiguren und rundet die Ecken schön ab, wenn es ans Abteilungsreiten geht. Auch sonst macht er ständig nur das, was er will. Grundsätzlich führt er dazu, dass seinem Reitschüler obendrauf SEHR viel Aufmerksamkeit gezollt wird, damit er ENDLICH mal anfängt zu reiten. Ist halt doof, wenn man vorher auf der Kreuzbraven saß und nicht viel machen musste. Hier muss man nun.
Was man vom Arbeitsvermeider lernen kann:
Durchsetzungsvermögen, Beharrlichkeit. Motivation und Bahnfiguren.

Die Schiffsschaukel
Ist eigentlich ein ganz netter und meint das auch nicht böse, aber so manch einem Reiter wird schlecht, wenn er länger auf der Schiffsschaukel traben muss. Er hat den schwungvollsten Trab überhaupt und Legenden erzählen, dass nicht mal der Reitlehrer ihn sitzen kann. Bügel überschlagen führt beim Reitschüler zu Selbstmordgedanken oder Ausreden, wie: Ich hab es heute doll mit dem Rücken. Dafür ist der Galopp sehr beliebt, denn die Schiffsschaukel nimmt einen so richtig mit, da kann man sitzen wie auf Butter.
Was man von der Schiffsschaukel lernen kann:
Sitzen, sitzen und noch mal sitzen.

Foto: Ist kein Schulpferd. Wäre auch kein Gutes, außer für Kinder.