Die Reiter sind verweichlicht. Wo man früher halt trotzdem rausging, wenn es etwas fieselte, ist die Hallenpflanzen Generation immer stärker auf dem Vormarsch. Und in der Halle … wird bitte auch nicht gearbeitet, das könnte ja anstrengend sein. Dreihundert Schrittpausen in der halben Stunde, einmal Galöppchen, vielleicht zehn Minuten aussitzen (Schrittpausen nicht vergessen) und das war’s dann, Zügel langlassen und sich selbst auch mal klopfen. Heute hat man aber doll gearbeitet. Und das ist nicht die Fraktion, die sich mit schlechtem Gewissen zwischen Arbeit und Familie aufs Pferd quält, sondern die mit Zeit. Sie könnten das machen. Aber dann verrutscht die Frisur, man stinkt sowieso, wenn man schwitzt und alles ist unbequem.
Sieht man ja schon bei den Kleinsten. Panisch wachen die Eltern darüber, dass niemand Schastin-Schantalle sagt, dass er jetzt aber etwas machen MUSS! Müssen tun wir hier nämlich schon mal gar nicht. Dass Schastin-Schantalle, das ungezwungene Kind, dem alles offen steht, gerade dabei ist, mit 60 Sachen in die Abteilung zu brettern, ist egal, der Reitlehrer hat gefälligst nicht die Stimme zu erheben. Wenn Schastin-Schantalle dann einen Köpper übers Pferd in die Bande macht, dann ist Mutti empört, besorgt und beleidigt. Wie konnte das nur passieren? Ist natürlich kein Wunder, dass Kinder solches Benehmen dann auch irgendwo lernen und weiter zeigen werden, wenn sie dann älter sind.
Natürlich gab’s auch zu meiner Zeit die notorischen Hallenreiter. Aber die waren eher die Kategorie Arbeitstiere. Es wird gearbeitet. Nicht draußen rumgeblödelt. Außerdem ist draußen kalt und es könnte regnen, das wollten die nicht erleben. Primär sahen sie aber auch in dem “Draußensein” keine richtige Arbeit. Das ist doch für die verweichlichten. Aber klar, die, die gar nichts in der Halle taten, gab es natürlich auch. Nur eben nicht so viele. Trotzdem war eine Dame stallbekannt bei uns. Wenn die in der Halle war, ritt die erst mal ne halbe Stunde Schritt, trabte dann etwas, dann wurde geschnackt. Dann noch mal bisschen getrabt, eine Runde ausgesessen und fertig war die. Aber immer schwer geschafft vom vielen Reiten.
Es ist übrigens völlig legitim mal keine Lust zu haben. Oder etwas heute, an diesem Tag, einfach zu anstrengend zu finden. Nur ist das ja kein Dauerzustand, dem man frönen sollte, bis das Pferd zu alt ist, um überhaupt was damit zu machen. Obwohl das scheinbar das Ziel mancher Leute ist. Leute, die wissen, dass sie heute überhaupt nichts mit dem Pferd gemacht haben, die können das aber auch vor sich zugeben. Während die 20-Minuten-Terrine unter den Reitern sagt: Verstehe gar nicht, dass das Pferd nicht ausgelastet ist, ich habe doch zweimal diese Woche was gemacht. Ich hab übrigens heute auch nichts mit dem Pferd gemacht und ich habe es heute auch nicht vor.
Außerdem möchten sie natürlich auch nichts im Stall tun. Dafür zahlt man ja. Ja, gut, klar, aber zu einer gesunden Stallbesitzer-Besitzer Partnerschaft gehört dann schon mehr als die Einstellung “Ich bezahle das”. Denn irgendwann kommen immer Sachen auf einen der beiden zu, die so nicht abgesprochen sind, oder nicht bezahlt sind. Gerade wenn man sonst auch ein nettes Verhältnis hat, gibt es irgendwann mal den Punkt, wo mal Mitarbeit von den Einstellern gefragt ist. Sei es beim Turnier, sei es, wenn Personal erkrankt, usw. Manche sagen dann: Ist doch nicht mein Problem, ich stehe hier nur und bezahle. Kann man so machen, aber dann eben auch nicht mit Extrawürsten kommen, für die man schlicht zu faul ist (und die man natürlich auch nicht bezahlen will, weil “ist doch nur zweimal in der Woche”).
Hätte man jetzt gesagt: Gut, ich verstehe, alle Stallleute krank, ich füttere mal meine Stallgasse ne Woche lang – dann bekommt man sicher auch zweimal Medikamente in der Woche geben umsonst. Wenn man vorher aber faul war – warum sollten die anderen dann zu Arbeitstieren mutieren, wenn sie dafür nichts kriegen?
Foto: Arbeit? Nääää