Wenn Pferde ihren Reiter verlieren, reagieren sie in der Regel darauf. In der Regel. Kommt halt immer ganz darauf an, wo das passiert, warum es passiert und ob sie strong independent Pferde sind, die gar keinen Reiter brauchen oder total verloren wirken, wenn der Reiter nicht wie geplant absteigt. Übrigens ist keine Variante davon ein Beweis für Vertrauen, besondere Liebe oder ein gestörtes Verhältnis zwischen Pferd und Reiter. Pferde sind so wie sie eben sind. Und manchmal gucken sie nach einem, manchmal bleiben sie stehen und manchmal rennen sie einfach mit Pauken und Trompeten kichernd davon, während sie “Ätschibätsch” singen. Ungefähr auf dem Niveau wie eine Gruppe Hooligans im Fußballstadion.
Mein Pferd ist absolut verloren, wenn ich verloren gehe. Oder sagen wir mal so … ich bin nur ein einziges Mal ungeplant abgestiegen, weil ich Blödsinn gemacht habe (ein Gartenpolster, ein blanker Rücken – Hurz!). Übrigens stand das Pferd die ganze Zeit und hat sich keinen Zentimeter auch nur bewegt. Aber ich halt. Als ich auf dem Boden saß, sah er mich völlig verdutzt an und wollte doch mal lieber genauer gucken. Drehte sich um und kroch mir in den Schoß. Aber schon fragend. So nach dem Motto: Gehörst du nicht eigentlich obendrauf? Das verunsichert mich aber jetzt. Ich habe mir aber auch sagen lassen, dass als er mal seine Reitbeteiligung verloren hat (nicht seine Schuld, er hat nur einfach eine andere Richtung eingeschlagen, weil sie vergessen hatte, ihm zu sagen, wo sie hin möchte), er auch lieber mal gucken kam. Es ist nicht alles so wie sonst – da guck ich lieber nach. So gesehen ist der echt charmant. Bei meinem letzten Sturz von einem aktiven Rennpferd hatte ich übrigens auch so ein Erlebnis. Total verunsichertes Stütchen, das gar nicht wusste, wo es jetzt hin soll. Mal lieber zur Trainerin gehen – Hallo, Frau Trainerin, ich hab was verloren, bitte Hilfe! Jetzt!
Aber da kenne ich auch ganz andere. Mich hat ein Pony nach Rodeoeinlage an der Bande abgesetzt und ist quietschend und trötend davongelaufen, durchs Hallentor, über den Putzplatz, zum Tor raus und es blieb da selbst. Auf der allerletzten Weide des Hofes und ließ sich eine halbe Stunde nicht mehr einsammeln. Tschö, ihr Luschen, ich geh! Sprach’s und machte das relativ zuverlässig mit jedem, den es verlor. Irgendwann galt dann die Regel: Tor zu, wenn die Kröte in der Halle ist. Aber auch Rennpferde können das prima. Der Reiter berührt den Boden und der Bock ist weg. Weg wie in: Mindestens zwei Runden im zünftigen Renngalopp weg. Und solltest du dich dazwischen stellen wollen, bist du auch weg! Und ein gezielter Abschuss resultiert sowieso meist in diesem Verhalten. Die wollen dich ja nicht umsonst loswerden. Manchmal bist du vielleicht auch nur Kollateralschaden. Aber darum kann sich das Pferd nun echt nicht auch noch kümmern.
Oder diese Kategorie hier. Liebes Schulpferd – schüttelt mich einfach runter im Trab. Ich war ein Kind, konnte irgendwann nicht mehr sitzen (keine Bügel) und weg war ich. Das Pferd hat’s nicht mal gemerkt, der trabte immer noch ganze Bahn. Ein anderer, aus derselben Kategorie machte einen Nicker und ich fiel runter (ich immer noch Kind). Allerdings über den Hals. Der trabte über mich drüber, als wäre ich eine Trabstange und blieb dann stehen, als er merkte: Irgendwas stimmt hier nicht. Nach mir hat er jetzt nicht geschaut, aber er wollte doch mal mitteilen, dass er nichts mehr macht, wenn hier was nicht stimmt. Irgendwas ist anders. Er kam nur nicht ganz drauf, was es war.
Und wie die dann immer gucken, wenn man (sandig, staubig, matschig) auf die zugeht. “Was ist denn mit dir passiert?” – “Wieso siehst du so furchtbar aus?”