Stallwechsel ist ja immer ein bisschen heikel. Nicht nur, dass man nicht weiß, ob seinem Pferd das alles so gefällt, was man mühsam und akribisch ausgesucht hat, sondern auch, wie man selbst klarkommt. Vor allem, wenn man dann das erste Mal alleine dort ist. Vielleicht hat man ein paar Tipps an die Hand bekommen, vielleicht auch nicht und nur ein: “Hier ist deine Box, da ist deine Weide, räum dein Zeug in dieses Spind”, gehört. Jedenfalls ist es gar nicht so einfach in einem fremden Stall neu dazuzukommen. Vor allem wegen der Leute. Die sind ja immer das Schwierigste am Reiten.
Da schleicht man also ganz allein nun im neuen Stall herum. Hat sein Pferd eingesammelt und will ihm mal die Umgebung zeigen.
Prompt steht die erste Person neben einem. “Wer bist du denn?”
Man stellt sich vor. Man will nicht auffallen. Dann kommt aber schon die erste Fangfrage: “Was ist denn das für ein Pferd?”
“Ein Reitpferd.” NIE was anderes sagen. Sonst hat man verkackt. Ist es ein Haflinger, oder irgendeine andere sehr unbeliebte Rasse: Einfach lügen: “Warmblut mit Fehlfarbe”, “Friese mit Gendefekt”, oder “Isi mit Behinderung.”
Puh … gerade noch mal davongekommen, ohne gleich gebrandmarkt zu werden. “Und was reitest du?”
Hier auch wieder höchste vorsicht. Die beste Variante: “Ein bisschen Freizeit und hin und wieder mal ein Turnier.” Selbst wenn zwischen den letzten beiden Turnieren zeitlich die Erdkrümmung dazwischen liegt. Oder noch nie eins mitgemacht wurde. Kann ja in allzu ferner Zukunft mal passieren.
So, nu können wir uns aber wegbewegen. Und laufen der nächsten Person in die Arme. “Ach, hi, du bist neu hier?”
Jo, sind wir.
“Hast du schon mit Renate gesprochen?”
“Wer ist denn Renate?”
“Ach, die ist total doof, du redest besser nicht mit der. Die trägt eine rote Jacke und fragt dir Löcher in den Bauch. Dick, kurze Haare.”
Ach, okay, das war also Renate. Gut, dann nicht mit Renate reden. Ist notiert. Man geht also weiter. Aber da passiert ein Fauxpas, das Pferd äppelt auf den Parkplatz. Zum Glück ist der Putzplatz nicht weit, man bindet kurz das Pferd an, holt den Mistboy und ist gleich wieder da. Doch da kommt die nächste Reiterin vorbei.
“Was machst du denn da?”
“Äppel wegmachen.”
“Das brauchst du hier nicht. Wir haben dafür Personal.”
Öhm … gut. Dann räumen wir doch den Mistboy wieder weg. Bis jemand kommt, der sich als Sonja vorstellt. “War das dein Pferd?”
“Ja. Aber eine Frau hat mir gesagt, ich bräuchte das nicht wegmachen, weil das Personal sich darum kümmert.”
“Ach, das kann ja wieder nur die Tabea sein. So ein Quatsch. Die räumt als einzige die Äppel nicht weg.”
Boah, was denn nu?
“Ja, okay, dann mach ich das.”
Pferd wieder anbinden.
“Halt!”
Jetzt mischt sich Sonjas Freundin Kunigunde ein. “Aber nicht da, das ist der Putzplatz vom Chef.”
“Kannst du dann kurz mein Pferd halten?”
Kunigunde hält das Pferd. “Ach, der ist ja nett. Was ist denn das für einer?”
“Ein Trak … Reitpferd!”
“Aha.”
“Oh, da kommt der Tierarzt, ich muss jetzt weg.”
Prompt haben wir das Pferd an der Backe, weil Sonja und Kunigunde abdampfen. Mit Pferd und Mistboy und Besen kaspern wir jetzt herum. Dafür kommt jetzt Sybille und fragt: “Soll ich dir dein Pferd abnehmen, während du kehrst?”
“Ja, bitte.”
Sybille wackelt von dannen und sagt dann aber: “Du hättest aber doch auch einfach hier anbinden können. Du musst es dir ja nicht so kompliziert machen.”
“Kunigunde hat gesagt, das ist der Platz vom Chef.”
“Quatsch, seit wann?”
“Weiß ich doch nicht, ich bin hier seit einem Tag.”
“Ach, nicht auf die Kunigunde hören, die macht sich nur wichtig.”
Wir töddeln also mit unserem Pferd weg, nachdem wir jetzt gekehrt haben. Aber da sprintet auf einmal die Renate herbei: “Du darfst nicht einfach meinen Besen benutzen.”
“Oh, sorry, das wusste ich nicht. Ich habe ihn aber artig da hinten hingestellt.”
“Trotzdem! Nächstes Mal lässt du das.”
Ist ja gut …
Als dann aber die Sonja um die Ecke kommt und behauptet, dass es ihr Besen wäre, ist uns das dann doch zu blöd. Wie wäre es mit einer schönen Geländerunde?
Foto: Gut, dass der schon seit Ewigkeiten im selben Stall wohnt.