… ist übrigens nur mit meinem Pferd cool. Während andere Pferde ausflippen und meinen, man müsse die kühlen Glieder mal ein bisschen aufwärmen, indem man mit Vorliebe seine Reiter absetzt und dann wie eine Sau durch die Halle pest, da hält mein Pferd mit sich selber Winterschlaf. Der dreht mehr in der Hitze auf. Vielleicht hat er auch nur permanenten Gegenteiltag. Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls ist mir das egal. Aber das war natürlich nicht immer so. Heute möchte ich euch von einem sehr speziellen Wintererlebnis in der Halle erzählen. Und scheinbar ist es immer noch Sinnbild dessen, was einen so im gemeinen Reitstall erwartet, wenn draußen die Tage verdammt kurz, dunkel und scheiße sind.
Die Protagonisten:
Freundin mit fuchsiger Lala-Stute. Nein, nicht Lala, wie in Lalaland. Sondern wie in: ICHBRINGEUCHALLEUMHILFEHILFELASSTMICHDURCH-Lala
Der Todesstern und ich
Das freundlichste Schulpferd der Welt im Rambo Modus mit seiner Reitbeteiligung
Meine Reitlehrerin, gekleidet wie ein Tampon mit WEIßEM Michelinmännchengedächtnisdaunenmantel
Frau-ich-hab-die-Haare-schön-ich-brauch-keinen-Helm mit braunem Anhang
Fähnchen im Wind aka Frau mit Longe und Pony. Punktepony
Diese illustre Runde hat sich heute also zur Gruppenstunde eingefunden und möchte eigentlich nur ein bisschen vor sich hin reiten. Wir wollen ja heute alles nichts, denn draußen ist es klirrekalt und wir fürchten, dass wenn wir nach dem Trockenreiten absteigen, unsere Beine einfach abbrechen, weil die tiefgekühlt sind (kennt ihr dieses Gefühl? Es ist wunderschön!).
Ich habe eine Abschwitzdecke. Die ist auf dem Pferd, weil der Todesstern im Winter fest wird. Also noch fester als vorher schon. Traue mich gar nicht das zu sagen, aber es ist mein erstes Mal damit und ich bin noch völlig damit beschäftigt, die Abschwitzdecke irgendwie so am Pferd zu behalten, dass ich sie nachher abziehen kann, aber sie eben auch hält. Dooferweise habe ich Reitschuhe an und der Klett von meiner Reithose klettet sich zuverlässig an die Abschwitzdecke.
Ratsch! Das Geräusch kann (nach meiner Erinnerung) nicht laut sein. Aber es reicht völlig aus um die Lala-Stute meiner Freundin in den Trab zu treiben. Und wenn ich Trab sage, dann heißt das: Superhysterischertrabertrabobwohlsiegarkeintraberist.
Unser Erklär-Tampon (aka die Reitlehrerin) hüpft dabei wild über den Hufschlag, weil sie nicht umgemäht werden möchte und schimpft. Aber wenn die schon trabt, kann der Rest sich auch mal warmmachen. Ich lege meine Abschwitzdecke weg (auf die Bande) und versuche dem Punkteponykreisel auszuweichen, denn die Longenführerin ist am telefonieren. Jippie … Erfahre übrigens, dass Elke sich gestern von ihrem Mann getrennt hat. Nein, doch, OHHH!
Mein Todesstern ist komisch. Da zucken ständig die Ohren. Das ist nicht gut, denn die müssen eigentlich wie angeklebt hinten liegen, dann ist alles “gut”. Oder schlecht. Ich glaube schlecht. Aber solange alles schlecht ist, ist für mich da oben alles gut. Aber dieses Ohrenzucken beobachte ich. Meine Reitlehrerin auch. “Galoppier die lieber mal.”
Okay, mach ich. So zwei, drei Runden. Dann parkt aber das liebste Schulpferd der Welt vor der Tür, wo er sich in aller Seelenruhe meine Decke runtermümmelt, während seine Reiterin die Jacke auszieht. Decke fällt zu Boden, Schulpferd geht in den Rambomodus und macht einen Satz, als wäre er beim Rodeo. Das macht er so fies, dass seine Reiterin einen Salto vorwärts macht, in die Stuhlkollektion rechts von ihr. Zum Glück nur Plastikstühle. Aber erstaunt ist sie. “Huch, von dem kann man runterfallen?”
Empört stellt die also die Plastikstühle wieder auf, während der D-Zug (aka die Lala-Stute) vorbeikommt. Die bockt nicht. Die trabt nur einfach NOCH schneller. Höre Formel 1 Autos vor meinem inneren Ohr. MEEEEEEOOOOOOOOOOOOOOOOO! Weg. Todesstern hat sich das genau angesehen. Ganz genau. Und weigert sich nun an der Tür vorbeizugehen. Und das macht sie natürlich Todessterntypisch. Sie kürzt buckelnd und rennend ab. Ganz egal wie viel innerer Schenkel und wie viele Paraden ich gebe.
Es sind also nun drei sehr Wache Pferde in der Halle. Das Schulpferd panzert alles nieder, der Todesstern, der die Tür doof findet und die Lala-Stute die ausschließlich ganze Bahn rennt, während sich die Reiterin den Mund fusselig labert. Klingt dann so: MEOOOOOOOOOOOOOOOOO! Ja, ruhhiiiiiiiig … feiiiiiiin …. MEEEEEEEOOOOOOOOO! Stille, weil schon längst wieder hinten in der Halle.
Aber da ist ja noch jemand. Frau: Ich brauch keinen Helm. Die braucht keinen, weil sie frisch beim Friseur war. Das erzählt sie der mit dem Punktepony. Die beiden stehen auf dem oberen Zirkel und reden über Elke und ihren Mann.
Meine Reitlehrerin stellt sich pöbelnd dahin, wo ich langreiten soll (“HINTER MIR LANG!” – als hätte ICH das nicht geschnallt!) Während ich also auf dem unteren Zirkel bleiben muss, startet das liebste Schulpferd der Welt die nächste Kettenreaktion. Der hört nämlich gerade die Flöhe husten und macht auf einmal einen Sprung auf die Schwatzliesen zu. Damit hat auch dieses Mal seine Reiterin nicht gerechnet, die der mit dem Telefon vor die Füße rennt. Die lässt daraufhin das Pony los, was dazu führt, dass die mit den schönen Haaren im Stand einen Abgang macht, weil ihr Pferd einen Schritt zur Seite geht.
Das animiert den Todesstern und die haut die Bremse vor der Tür, während ich gerade energisch vorwärts treibe, rein, was mich dazu bringt, mich plötzlich an den Ohren festzuhalten. Unser Erklär-Tampon (aka die Reitlehrerin) springt auch noch zur Seite, weil die nicht plattgewalzt werden will.
Insgesamt rennen jetzt drei lose Pferde in der Halle herum, eins davon mit Longe. Ach Moment. Da ist noch die Lala-Stute. Die hat das schon mitgekriegt. Also trabt sie jetzt einfach noch schneller. Bisschen wie eine Modelleisenbahn. Stumpf, geradeaus … aber immerhin verlässlich.
Kann man Pferde eigentlich zum Winterschlaf zwingen?
Foto: Ist zumindest speckig genug für Winterschlaf.