Kennt ihr auch diese Winterenthusiasten, die immer den Winter verteidigen? Da sei ja alles besser, es gäbe keine Insekten und alles wäre ja viel schöner. Ich weiß nicht genau was. Dass ich drei Stunden bis zum Stall brauche, weil bei Dunkelheit und drei Schneeflocken ganz NRW mal wieder zu Fahranfängern mutiert und der anonyme Club der Sommerreifler ein geheimes, konspiratives Treffen auf drei Fahrbahnen der A52 abhält? Nein, das kann es nicht sein.
Hm … was denn dann? Ich versuche das mal zu ergründen.

Winter im Stall. Alle Pferde sehen aus wie der Yeti. Und wenn nicht, haben sie eine Decke übergezogen. Das ist ja auch schon so eine Sache für sich. Anziehen, ausziehen … als hätte man ein sehr quengeliges Kind daheim. Okay, ziemlich fettes 500 Kilo Kind, aber eben Kind, das sich nicht alleine ausziehen kann. Man hat also die Wahl zwischen unmündig und Yeti. Dreckig sind sie in beiden Fällen, denn ich glaube, alle Pferde finden einen Weg, ihre Äppel irgendwie in die Decke zu schmieren. Und ohne Decke hat man halt einen Schlammyeti.

Dann ist es vor allem eins: Dunkel. Steht ja nicht jeder im Neonpalast des hiesigen Reitvereins und überhaupt, für Frischluftfimmel mit Hallenphobie, da macht das keinen Spaß. Denn ganz ehrlich, wer soll denn im Hellen je ausreiten? Ich komme ja nicht mal im Hellen nach Hause. Wie soll ich dann ins Gelände kommen? Fällt also flach, Reflektoren kann man sich ja noch so viele anpappen, plattgefahren wird man, dank der anonymen Sommerreifenbehalter ja trotzdem.

Gut, man kann das Licht am Platz anmachen. Aber der ist natürlich matschig, denn eine Mischung von Schnee und Regen geht seit Tagen darauf nieder. Es ist rutschig. Und kalt. Und natürlich kann man sich dagegen anziehen. Was aber trotzdem nicht immer etwas nützt. Denn lange, bevor das Pferd trocken ist, ist man es selber schon und friert sich dann nen Ast. So gibt es ja nichts Schaurigeres als das berühmte Eisbein. Beim Absteigen zerspringt es in tausend Teile und man selbst stirbt auch mal tausend Tode.

Und dann dieses wonnige Gefühl: Eisen bei diesen Temperaturen anfassen. Boxengitter, Boxentüren, Schubkarren, wo die Griffe fehlen, Eimer schleppen … ach, wie ist das schön. Denn Handschuhe haben irgendwann im Winter immer ein Loch und wenn man Pech hat, hat man sie außerdem noch vergessen. Ach, ist das nicht ein wonniges Gefühl, wenn man sich fragt, ob man sich jetzt mal eben den Finger piercen könnte, ohne, dass man es merkt?

Dann ist auch Pferde rausstellen so eine Sache. Einfach Holdrio auf die Weide ist nicht. Man ist also im Platz eingeschränkt. Auch nervig. Finden Pferde besonders doof. Knackig wird meiner nun nicht gerade, der hält mehr Winterschlaf mit sich selber, aber genügend Kandidaten sagen sich: Mir ist kalt, also mache ich es mir jetzt mal warm, ohne Rücksicht auf Verluste. Vielleicht wollen die auch nur gucken: Wer hüpft eigentlich alles mit mir, wenn ich hüpfe? Jedenfalls hat man in der Halle plötzlich ein Rudel Springböcke oder Tüpfelhyänen. Beides nicht gut miteinander vereinbar und entweder fressen sie sich alle gegenseitig, oder springen im Kollektiv durch die Halle. Ohne Rücksicht auf ihre dummen, frierenden Reiter.

Also jetzt sagt mir mal: Was ist denn am Winter so viel besser als an Frühling, Sommer und Herbst? Die kalten Füße? Die frühe Dunkelheit? Die vielen Haare? Der Matsch? Die Glätte?
Mag ja sein, dass das Zuhause immer ganz schön und romantisch ist, wenn einen keiner mehr schräg anguckt, weil man mit Decke und heißem Tee “Love actually” guckt. Aber im Stall? Näää … da isses nicht schöner im Winter. Jedenfalls nicht schöner als in den anderen Monaten.

Foto: Immer dem Schnee hinterher … der kleine Yeti.